
Operation Benjamin
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Netanjahu kommt nach Berlin und 3000 Polizisten sind im Einsatz: In Berlin wird seit Tagen gegen die Regierungspläne in Israel demonstriert. Bild: Stefan Boness/Ipon
Ministerpräsident Netanjahu kommt nach Berlin und tausend israelische Künstler fordern Deutschland dazu auf, ihn wieder auszuladen: Warum das die falsche Antwort ist auf ein echtes Problem.
In Israel kennt jedes Kind die „Operation Entebbe“. So heißt die militärische Befreiungsaktion einer 1976 nach Uganda entführten Air-France-Maschine mit 102 überwiegend israelischen Fluggästen. Die deutschen und palästinensischen Terroristen hatten während der Geiselnahme die jüdischen Passagiere von den anderen getrennt. Anführer der israelischen Soldaten, die das Flugzeug nach einer Woche stürmten, war der Bruder des heutigen Ministerpräsidenten. Yoni Netanjahu starb im Feuergefecht von Entebbe. Daran muss man erinnern, will man die Entscheidung der Entebbe-Veteranen, die sich gestern unter dem Schlagwort „Operation Benjamin“ an den Protesten gegen die israelische Regierung beteiligten, in ihrer Tragweite verstehen.
Seit Wochen wird im Land gegen Netanjahus Pläne für eine Justizreform demonstriert, die eine Aushöhlung des Rechtsstaats befürchten lassen. Nun sollte der Verkehr am Flughafen lahmgelegt werden, um Netanjahus Abreise nach Berlin zu behindern. „Fast fünfzig Jahre nach Entebbe greifen wir heute wieder einen Flughafen an“, schrieben die Organisatoren, „demokratisch und gewaltfrei, mit dem Ziel, einen von Extremisten entführten Premierminister und mit ihm ein ganzes Land zu befreien, das auf einen gefährlichen Staatsstreich zusteuert.“ Mehr Symbolkraft als die Beteiligung der ehemaligen Kameraden Netanjahus geht wahrlich kaum. Aber auch, dass Berlin anlässlich des Besuchs eines israelischen Ministerpräsidenten die höchste Sicherheitsstufe ausruft, mehr als dreitausend Polizisten auflaufen lässt und Straßen sperrt, ist angesichts der deutschen Geschichte befremdlich.
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