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Die anachronistische Stadt : Schwarz-Grün als Crashkurs für Berlin?

Bettina Jarasch und Kai Wegner: Eigentlich wären sie das perfekte Paar Bild: Reuters

Eine schwarz-grüne Koalition wäre die beste Konsequenz aus dem Berliner Wahlergebnis. Leider sind beide Parteien in der Hauptstadt erst auf dem Stand der Achtzigerjahre.

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          Berlin ist mit seiner Vergangenheit noch lange nicht fertig, das sieht man am deutlichsten an jenen Orten, wo nach der Wiedervereinigung aus Ruinen und Brachen die Neubauten erstanden sind. Der Wiederaufbau des Stadtschlosses hat nicht ganz geklappt; vom Nordosten aus sieht das Haus wie italienischer Razionalismo aus und von innen wie ein grimmiger Verwaltungskasten. Aber wenn man nach Westen spaziert, über den Gendarmenmarkt zur Friedrichstraße, simulieren fast alle Fassaden ein luxusrenoviertes Jahr 1910. Auf den Showbühnen werden die wilden Zwanziger wiederbelebt, im Theater am Schiffbauerdamm ist jede Vorstellung der „Dreigroschenoper“ ausverkauft. Und in den Villenvierteln lässt sich, wer kein Haus von Hermann Muthesius mehr kriegen konnte, einen Neubau mit Erkern und Simsen errichten.

          Claudius Seidl
          Redakteur im Feuilleton.

          Die Hoffnung der Jahre nach der Einheit: dass nämlich, aus den Brachen und dem Leerstand heraus, etwas radikal Modernes wachsen würde, hat sich jedenfalls nicht erfüllt. Und vielleicht ist es ja ein verständliches Bedürfnis, dass man dem Stil und dem Lebensgefühl der Jahrzehnte vor dem Ersten und dem Zweiten Weltkrieg noch eine zweite Chance geben will, angesichts der Schrecken, mit denen es beim letzten Mal geendet hat.

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