Woher kommst du?
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Was ist deutsch? Und wo verläuft die Grenze zwischen Selbstvergewisserung und Nationalismus? Für viele Menschen in Deutschland ist das wider Willen eine alltägliche Frage. Bild: Felix Schmitt
Als Jude oder Muslima in Deutschland werden wir immer wieder nach unserer Herkunft gefragt: Warum eigentlich?
Die Zwillingsschwester des (vermeintlichen) Kompliments „Sie sprechen aber gut Deutsch!“ ist die berühmte Frage: „Woher kommst du?“ Inzwischen gilt sie in vielen Kreisen als No-Go. Häufig werden wir von verunsicherten Menschen angesprochen, die nicht wissen, ob sie diese Frage überhaupt noch stellen dürfen oder nicht. Einmal natürlich, weil wir uns mit diesem Thema beruflich auseinandersetzen. Aber auch deswegen, weil sie uns persönlich gerne diese Frage stellen würden: Wir sind Betroffene.
Als Jude oder Muslima in Deutschland ist man zugleich auch immer „betroffen“. In unserem Fall Betroffene von Antisemitismus oder Rassismus. Das Wort, das in der Sozialwissenschaft seinen guten Sinn hat, erfährt in der Umgangssprache eine Nuancierung: Wer „betroffen“ sagt, meint oft eigentlich „Opfer“, will aber edler klingen. Schon wird aus einem halben Schimpfwort („du Opfer“) eine Art Qualifikation – wir sind quasi Experte in eigener Sache. Und es stimmt ja auch: Wir haben ein Gespür dafür entwickelt, wann eine Aussage verletzend gemeint ist oder welches Kompliment doch etwas anderes suggeriert, weil man damit gleich ins Migrationskörbchen zurückgeschickt wird. Zum Beispiel „Sie sprechen aber gut Deutsch“ – ein Satz, der bei uns beiden jeweils ganz anders ankommt.
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