„Rote Karte für Qatar“: Eine Demonstration in Paris am 20. November. Bild: AP
Warum nimmt man in vielen Teilen der Welt dem Westen seine edlen Motive beim Kampf für Menschenrechte nicht ab? Vielleicht auch deshalb, weil er kulturelle Traditionen für ein Hindernis und nicht für eine Hilfe hält.
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Wie erfolgreich die Kampagnen gegen die Menschenrechtsverletzungen in Qatar waren, wird man erst später sehen, wenn nicht mehr alle Welt so konzentriert auf das Emirat guckt wie vor und während der WM. Aber schon jetzt kann man ein Auseinanderklaffen der Wahrnehmungen feststellen, die der bloße Begriff „Menschenrechtsverletzung“ in europäischen Ländern einerseits und arabischen Ländern andererseits bewirkte. In Europa gilt die Verwendung des Worts als moralische und politische Pflicht, die man der eigenen Selbstachtung schuldig ist, als fortwährende Bestätigung des eigenen Selbstverständnisses als Anwalt universal gültiger Werte – zumal dann, wenn man sich wie in den Führungsgremien der FIFA und im EU-Parlament die eigene Korrumpierbarkeit eingestehen muss.
In arabischen Ländern dagegen wurde der Begriff jetzt weithin als ideologischer Ausdruck des fortgesetzten Herrschaftswillens des Westens verstanden, als ressentimentgeladene Zurückweisung selbst jener Kulturen, die nach dem Kolonialismus zu Wohlstand gekommen sind und nun auch globale Anerkennung einfordern. „Es ist eine Methode, im Spiel die Vorhand zu behalten“, zitierte der „Guardian“ einen qatarischen Geschäftsmann. Im panarabischen Jubel über die fußballerischen Erfolge Marokkos und Saudi-Arabiens, begleitet oft von politischen Zeichen wie Palästinenser-Flaggen und an die Adresse Deutschlands gerichteten höhnischen Hand-vor-den-Mund-Gesten, schien die Genugtuung darüber mitzuschwingen, dass diese Art Soft Power des Westens an ihre Grenze gestoßen sei.
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