Resilienz ist die falsche Antwort
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Resilienz meint, dass ein Mensch trotz schlechter Rahmenbedingungen, Stressbelastungen und sonstiger Zumutungen des Lebens psychisch stabil bleibt, harte Zeiten gut durchsteht: Frauen in Espoo, Finnland, beim Eisbaden. Bild: dpa
Wer resilient ist, ist nicht unterzukriegen. Aber er findet sich auch damit ab, dass sich an den Ursachen für Probleme nichts ändern lässt. Ein Gespräch mit der Soziologin Stefanie Graefe über ein aktuelles Konzept der Krisenbewältigung.
Frau Graefe, der Begriff Resilienz entwickelt sich schon seit etwa zwanzig Jahren zum Schlagwort. Er wird auf Menschen bezogen, aber auch auf Regionen, Ökosysteme oder Demokratien. Spätestens seit Beginn der Covid-Pandemie scheint der Begriff allgegenwärtig. Wo liegen seine Ursprünge?
Er stammt unter anderem aus den Materialwissenschaften. Da bezeichnet er den Umstand, dass ein Stoff nach Einwirkung von außen schnell wieder in den alten Zustand zurückkehrt. Das Konzept psychologischer Resilienz kam in den 1970er Jahren auf. In einer Studie auf Hawaii hat die Psychologin Emmy Werner jahrzehntelang Kinder in ihrer Entwicklung beobachtet. Manche von ihnen wuchsen unter schwierigen sozialen Bedingungen auf, hatten daher eine ungünstige Prognose. Doch sie erwiesen sich als besonders robust und entwickelten sich positiv. Man nannte sie resilient. Zugleich tauchte der Resilienz-Begriff in der Ökosystemtheorie auf. Heute boomt medial und in der Selbsthilfeliteratur eine psychologische Vorstellung der Resilienz, die Ideen von Werner verwässert und popularisiert, aber auch Elemente der Ökosystemtheorie enthält.
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