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Kulturpolitik in NRW : Ahnungslosigkeit als Qualifikation

Leere Worthülsen: Die Kultur hat bei den NRW-Spitzenkandidaten von SPD und CDU einen schweren Stand Bild: dpa

Mit Kultur kann man die Politiker in NRW jagen: Vor der Wahl liegt das ganze Elend offen zutage. Dass die Kulturpolitik an Rhein und Ruhr marginalisiert wird, verheißt für das Land nichts Gutes.

          5 Min.

          Anfang der Woche blitzte das Thema kurz auf, spät, aber immerhin: „Parteien wollen Kulturetat erhöhen“ titelte die „Rheinische Post“, die über besonders gute Drähte in die nordrhein-westfälische Landespolitik verfügt. „Vor der Landtagswahl entdecken die Politiker die Kulturpolitik.“ Etwas plötzlich kam das schon, nachdem dieses „Politikfeld“ so lange und beharrlich links liegengeblieben war. Die Kulturpolitik sei, so hieß es auf einmal, zwar „kein Massenthema“, aber „die Parteistrategen wissen: Wer sich für Kulturpolitik interessiert, ist oft auch Multiplikator.“ Deshalb „will“, so die Zeitung weiter, „Armin Laschet (CDU) noch in dieser Woche die eher blassen Wahlprogramm-Aussagen zum Thema Kultur schärfen und neue Projekte ankündigen“.

          Landtagswahl in NRW : Laschet will um jede Stimme kämpfen

          Andreas Rossmann
          Freier Autor im Feuilleton.

          In den vergangenen Tagen aber war dann nichts mehr davon zu hören. So mal eben auf die Schnelle ließ sich das Thema offenbar nicht mehr besetzen, oder hat Laschet nur keinen halbwegs kulturaffinen Parteifreund gefunden, der den Text dazu aufsetzen konnte? Schon für die Passagen im Wahlprogramm soll das schwierig gewesen sein, so dass der Kulturstaatssekretär der Regierung Rüttgers dafür reaktiviert werden musste. Der hatte in den Jahren 2005 bis 2010 eine beachtliche Bilanz geschrieben und die Kulturförderung, wie angekündigt, von siebzig auf 140 Millionen Euro verdoppelt. Inzwischen beträgt der Etat zwar 201 Millionen Euro, das sind aber nur mickrige 0,27 Prozent des Landeshaushalts. Ihn anzuheben, finden die kulturpolitischen Sprecher aller Parteien richtig. Doch allein die SPD hat den Punkt auch konkret in ihr Wahlprogramm aufgenommen: fünfzig Millionen Euro mehr. Die CDU will angeblich auf dreihundert Millionen erhöhen, der kulturpolitische Sprecher der Grünen sogar auf vierhundert Millionen Euro. Kulturpolitik als Wettwünschen. Ankündigungen kosten nichts.

          Kulturpolitik am Katzentisch

          Es gab und gibt wichtigere Themen in diesem Wahlkampf: innere Sicherheit, Schule und Bildung und Verkehr vor allem, auch Industrieansiedlung, Energiewende, Umweltschutz, Sanierungsrückstände in Schulen und der Infrastruktur, der Stau konkret und als Metapher. Ja, die Kulturpolitik müsste gar kein Thema sein, wenn in Politik und Gesellschaft ein Grundkonsens darüber bestünde, dass „Kultur“, um es mit Richard von Weizsäcker zu sagen, „kein Luxus (ist), den wir uns leisten oder auch streichen können, sondern der geistige Boden, der unsere eigentliche innere Überlebensfähigkeit sichert“. Davon aber kann in Nordrhein-Westfalen keine Rede sein: Nicht, dass Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) mit der Kultur fremdelt, sondern dass sie nicht bereit ist, sie in kompetente Hände zu legen, ist das Problem. Die kulturpolitischen Sprecher haben so wenig Rückhalt in ihren Parteien, dass sie am Katzentisch sitzen und Mühe haben, sich Gehör zu verschaffen. Mit Kultur, so klagen sie im Chor, könne kein Politiker Karriere machen.

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