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Facebook und die Medien : Auf der grauen Seite der Macht

  • -Aktualisiert am

Facebook-Gründer Mark Zuckerberg Bild: dpa

Facebook bittet Medien um Engagement gegen Fake News. Aber warnt Mark Zuckerberg nicht implizit vor der Presse und vertraut nur Algorithmen? Ein Gastbeitrag.

          7 Min.

          Zweitausendsiebzehn ist ein politisches Jahr. Ein Wahljahr. Darum waren wir bei Gruner + Jahr auch sofort aufmerksam, als Facebook uns vor einigen Wochen um Hilfe bat. Die Plattform war plötzlich unter Druck geraten. Jahrelang waren immer nur phantastische Nachrichten aus Kalifornien gekommen: Facebook hat jetzt noch mehr User! Facebook verdient noch mehr Geld! Facebook will die Welt noch besser machen! Dann wählten die Amerikaner mit Donald Trump einen Mann zum Präsidenten, der mit seinen extremen und oft seltsamen Ansichten von den klassischen Medien weder gut gefunden, noch richtig ernst genommen worden war. So hatten sich fast alle amerikanischen Zeitungen gegen Trump positioniert, fast alle Late Night Shows lachten ihn aus, sogar das republikanische Establishment rümpfte die Nase. Aber er siegte überraschend doch. Warum? Woher kam das?

          Rasch waren die sozialen Medien als eine der Ursachen ausgemacht. Hier war in nur wenigen Jahren eine neue Öffentlichkeit entstanden, die der alten immer stärker die Agenda vorgab: Wenn Trump morgens mal wieder twitterte, war klar, worüber im Fernsehen, im Radio und in den Zeitungen am nächsten Tag gesprochen werden würde.

          Julia Jäkel ist Vorsitzende der Geschäftsführung bei Gruner+Jahr
          Julia Jäkel ist Vorsitzende der Geschäftsführung bei Gruner+Jahr : Bild: Gruner+Jahr / Jorinde Gersina

          Gleichzeitig war diese neue Öffentlichkeit seltsam verschlossen. Nichts ist leichter, als bei dem mit Abstand größten sozialen Netzwerk mitzumachen – bei Facebook. Doch anders als die Leser einer Zeitung oder die Zuschauer eines Fernsehsenders sehen die Mitglieder bei Facebook nicht alle das Gleiche. Der Rahmen der Seite ist immer blau, darin stehen aber ganz verschiedene Inhalte, je nachdem, wo ich „Gefällt mir“ gedrückt habe, wo ich wohne, mit wem ich befreundet bin. Die genaue Zusammensetzung, der Algorithmus, ist geheim. Im Ergebnis können Sie und ich beide Bürger des gleichen Landes und vielleicht sogar der gleichen Stadt sein – und trotzdem sehen wir völlig unterschiedliche Realitäten.

          Eine ideologisch isolierte Filterblase

          So weit, so gut. Wir erleben ja auch nicht alle das Gleiche und lesen nicht alle die gleichen Bücher. Nach dem Überraschungssieg in Amerika schien es aber plötzlich so, als sei unter dem Schleier der Facebook-Algorithmen eine mächtige Parallelöffentlichkeit entstanden. Es gab nicht mehr nur Freunde auf Facebook, sondern auch Feinde. Die lebten allerdings woanders, in einer ideologisch weitgehend isolierten Filterblase: Hier das liberale Facebook, gefüllt mit Artikeln aus der „New York Times“, „Stern“ und „Guardian“, dem neuesten Video von John Oliver und was Niedlichem mit Eisbärbabys. Und dort die Blase der „alternativen“ Rechten, ein vor sich hin gärendes Biotop für Fake News, Verschwörungstheorien, Propaganda und Pepe-the-Frog-Memes, eifrig befüllt von gewissenlosen PR-Agenturen, Wutbloggern, rechten Trolls, Kreml-Bots und mazedonischen Klickfarmern.

          Anstatt Menschen einander näherzubringen, wie man das von einem sozialen Medium erwartet, schien Facebook quasi über Nacht zu einem Medium sozialer Spaltung geworden zu sein – ein asoziales Netzwerk. So fand sich Mark Zuckerberg, der Facebook-Gründer, in einer ungewohnt dunklen Ecke wieder.

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