Es wird einen Kampf geben gegen das liberale Israel
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Der Soziologe Natan Sznaider, geboren 1954 in Mannheim, lehrt an der Universität von Tel Aviv. Bild: Picture Alliance
Das sechste Kabinett Netanjahu spaltet Israel mehr denn je. Ein Gespräch mit dem Soziologen Natan Sznaider über den Rechtsruck, die Ängste im Land und Israels Blick auf den Ukrainekrieg.
Nach den jüngsten Wahlen in Israel, den fünften innerhalb von zwei Jahren, scheint die Lage im Land komplizierter denn je. Hängt dies auch damit zusammen, dass es politisch große Unterschiede gibt zwischen Tel Aviv und dem Rest Israels?
Tel Aviv ist in gewissem Sinne eine Illusion. Die Stadt liegt innerhalb Israels, aber sie ist auch ein autonomes kulturelles Gebiet, das von Israel in vieler Hinsicht abgetrennt ist. Hier ist der Hightech-Bereich, hier ist der Kulturbereich. Wenn es ein Milieu gibt in Israel, das säkular und liberal ist, dann findet man es hier. Tel Aviv gilt als eine der gay-freundlichsten Städte nicht nur im Nahen Osten, sondern auch im europäischen Vergleich. Und bei den letzten Wahlen im November, als die israelische Rechte sehr stark hinzugewonnen hat – also die Likud-Partei mit ihren religiösen Partnern –, da war das Wahlergebnis in Tel Aviv umgekehrt. Hier haben die drei liberalen Zentrums- und Linksparteien gemeinsam eine absolute Mehrheit errungen. Wenn also nur Tel Aviv gewählt hätte, dann würde Israel heute ganz anders aussehen. Aber wie gesagt: Tel Aviv ist eine Illusion. Israelis sind anders als die Einwohner von Tel Aviv, die auch rein zahlenmäßig eine Minderheit in diesem Land darstellen. Obwohl sie einen sehr großen Teil des kulturellen wie des wirtschaftlichen Kapitals erzeugen.
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