Die Verlustangst der oberen Kaste
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Demonstrierende am 4. Juli auf einer Anti-Independance Day-Aktion in Los Angeles Bild: AFP
Nichts ist unveränderlich: Die Pulitzer-Preisträgerin und „New York Times“-Journalistin Isabel Wilkerson zeigt in ihrem neuen Buch, wie hartnäckig die sozialen Hierarchien in den Vereinigten Staaten verteidigt werden.
Isabel Wilkerson war auf Geschäftsreise, und sie hatte es eilig. Die Journalistin der „New York Times“ hatte nur ein paar Stunden Zeit für Interviews in Detroit. Sie war gerade auf dem Weg zur Autovermietung am Flughafen, als sich ein Mann und eine Frau näherten. Beide folgten ihr – und gaben sich schließlich als Drogenfahnder zu erkennen. Wohin sie wolle, woher sie komme, was sie in Detroit vorhabe, wollten sie wissen. Wilkerson, in typischer Geschäftsfrauen-Kleidung, war die einzige Afroamerikanerin, die den Shuttlebus besteigen wollte – und langsam wurden die anderen Gäste unruhig. Sie versuchte sich zu erklären – vergeblich.
Die Drogenfahnder gingen mit an Bord, so konnte der Bus zumindest losfahren. Wilkerson fühlte sich hilflos, doch dann hatte sie einen Einfall. Sie zückte Block und Stift, begann, sich Notizen zu machen, demonstrativ die Rolle der Reporterin zu spielen. Sie notierte die Details, die Kleidung der Beamten, ihren zunehmend peinlich berührten Blick. Als der Bus schließlich hielt, hatten die Fahnder es ohne weitere Erklärung aufgegeben und ließen Wilkerson gehen. Ein Gefühl der Machtlosigkeit blieb – auch, wenn es nicht das erste und nicht das letzte Mal war, dass die 1961 geborene Journalistin eine solche Situation erlebte. In ihrem Buch „Caste: The Origins of our Discontent“ (etwa: „Kaste. Die Wurzeln unseres Unbehagens“) erzählt sie von vielen ähnlichen Vorkommnissen.
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