„Der Kreml hat ein wirklich gutes Puppentheater organisiert“
- -Aktualisiert am
„Äffchen für die Intelligenzija“: Die glamouröse Journalistin Xenia Sobtschak kandidiert als erste Frau für das russische Präsidentenamt. Bild: dpa
Wo „Europa zerstören“ inszeniert wird: Vor den Präsidentenwahlen in Russland sprechen die Schriftsteller Viktor Jerofejew und Peter Schneider über deutsche Putin-Freunde, die Gegenkandidaten und darüber, warum alle nur dem Regime nützen.
Herr Jerofejew, Herr Schneider, Sie haben sich getroffen, weil Sie an einem gemeinsamen Buch über die deutsch-russischen Beziehungen arbeiten. In dieser Beziehung lässt die deutsche Seite sich faszinieren von russischer Stärke, und die russische nutzt das geschickt aus. Präsident Wladimir Putin, der, wie Kritiker meinen, sein Land in die Isolation und in den Niedergang geführt hat, bereitet mit großem Pomp seine Wiederwahl vor, während im demokratischen Deutschland Politiker und Intellektuelle am linken wie am rechten Rand, aber nicht nur dort, mit ihm sympathisieren. Das dürfte Sie bei Ihrem Projekt inspirieren.
Schneider: Wenn ich mit guten Freunden und nicht so guten Freunden über Russland spreche, bin ich immer wieder darüber erstaunt, wie viele von ihnen Putin nicht nur wichtig, sondern auch sympathisch finden. Sowohl bei der Linken als auch bei den Globalisierungskritikern von Attac höre ich, dass Putin eigentlich der Friedensbringer in Syrien sei, weil der Westen alles vermasselt habe – Letzteres stimmt im Übrigen. Freilich reden sie nicht gern davon, dass Putin sowohl Assads Giftattacken wie Folterungen deckt und mit seinem Veto verhindert, dass die UN-Kommission diese Verbrechen untersucht. Ich höre aber noch ganz andere Argumente für Putin: Viele reiche und bessergestellte Bürger halten es für absolut notwendig, dass Deutschland sich mit diesem großen Nachbarn so gut wie möglich stellt, egal was der Preis ist. Denn sonst leiden Geschäfte und Sicherheit. Und außerdem ist für sie Putin im Vergleich mit Trump ein Genie in Berechenbarkeit und Intelligenz. Dass Trump sich im Gegensatz zu Putin mit funktionierenden demokratischen Institutionen auseinandersetzen muss, scheint den Putin-Verstehern nicht so wichtig zu sein. Es ist natürlich die Angst vor dem Stärkeren, die hier das Regiment führt.
Jetzt 30 Tage kostenfrei testen 2,95 € / Woche
Jetzt kostenfrei Zugang abonnieren?