https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/debatten/gendern-generisches-maskulinum-seit-jeher-in-gebrauch-laut-linguisten-18787526.html

Gendergerechte Sprache : Generisches Maskulinum gab es schon im Althochdeutschen

  • Aktualisiert am

Eine Variante: Das Gendersternchen breitet sich aus. Bild: dpa

Linguisten plädieren in der Debatte um Gendersternchen für mehr Sachlichkeit. Männliche Personenbezeichnungen seien im Deutschen stets generisch interpretierbar gewesen.

          1 Min.

          Männliche Personenbezeichnungen sind nach einer Untersuchung im Deutschen seit jeher für verschiedene biologische Geschlechter verwendet worden. Männliche Hauptwörter seien schon im Althochdeutschen „generisch“, also unabhängig vom männlichen Geschlecht gebraucht worden, teilte die Universität Frankfurt am Main am Donnerstag mit.

          Die Sprachforscher Helmut Weiß und Ewa Trutkowski untersuchten nach Angaben der Universität Personenbezeichnungen und Charakterisierungen im Althochdeutschen, ihre Studie ist in der Zeitschrift „Linguistische Berichte“ veröffentlicht worden. Begriffe wie „Freund“, „Feind“, „Gast“, „Nachbar“, „Sünder“ seien im Alt- und Mittelhochdeutschen demnach nicht geschlechtsspezifisch verwendet worden, sondern vielmehr generisch, also für alle biologischen Geschlechter.

          Der althochdeutsche Dichter Otfrid von Weißenburg schrieb im 9. Jahrhundert von Jesus und Maria als „Gästen“ der Hochzeit von Kana: „Ni ward io in wóroltzitin, / thiu zisámane gihitin, / thaz sih gésto guati / súlihhero rúamti. / Thar was Kríst guater / joh sélba ouh thiu sin múater“ („Zu keiner Zeit hat sich ein Hochzeitspaar rühmen können, so hohe Gäste zu haben (wie diese): Der heilige Christus und auch seine Mutter waren da erschienen.“). Im mittelhochdeutschen Frauenbuch von 1257 ist folgender Passus zu finden: „ir bedörft ein wîp ze friunde niht“ („ihr bedürft eines Weibes zum Freunde nicht“).

          Auch für die gegenwärtig besonders in der Kritik stehenden Personenbezeichnungen auf „-er“ belege die Untersuchung eine geschlechtsneutrale Verwendung, etwa in dem Satz: „die von alter har burgere zu Straßburg gewesen sind, es sigent frowen oder man“ (die von alters her Bürger in Straßburg gewesen sind, es seien Frauen oder Männer).

          Die Wissenschaftler haben der Universität zufolge herausgefunden, dass die generische Bedeutung von Wörtern „schon immer im Deutschen fest verankert“ gewesen sei. Dabei gebe es generische Begriffe in allen grammatischen Geschlechtern: Männliche Wörter hätten ursprünglich Belebtes bezeichnet, sächliche Wörter Unbelebtes und weibliche Wörter Kollektiva. Zwar bestehe eine Beziehung zwischen dem grammatischen und dem biologischen Geschlecht, schrieben die Forscher, allerdings nur in einer Richtung: „Sexus kann sich im Genus bemerkbar machen, der Umkehrschluss ist jedoch nicht zulässig.“ Vom grammatischen Geschlecht könne man nicht auf das biologische schließen.

          Weiß und Trutkowski hoffen, dass die Studie zur Versachlichung der Debatte beitrage. Weiß ist überzeugt, dass sich die „gendergerechte“ Sprache allenfalls in Teilen der Sprachgemeinschaft durchsetzen werde.

          Weitere Themen

          Topmeldungen

          Yvonne H. und ihr Mann auf dem Flughafen von Vilnius mit Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier

          Steinmeier in Litauen : Familienausflug an die NATO-Ostflanke

          Das gab’s noch nie: Der Bundespräsident nimmt zum Truppenbesuch Eltern, Partner und Kinder von Soldaten mit nach Litauen. Seinem Kollegen Nauseda übergibt er ein jahrhundertealtes Dokument.

          Vermisster Bergsteiger : Tod auf 8400 Metern

          Luis Stitzinger war allein auf dem dritthöchsten Berg der Welt unterwegs, seit Donnerstag galt er als vermisst. Nun wurde sein Leichnam gefunden.
          Prominente Aufseherinnen: Katrin Suder (Deutsche Post DHL), Martina Merz  Siemens) und Clara Streit (Vonovia)

          Unternehmen : Dax-Aufsichtsräte immer weiblicher

          In diesem Jahr werden erstmals mehr Frauen als Männer neu in die Dax-Aufsichtsräte gewählt. Anders sieht es auf den Spitzenposten in den Kontrollgremien aus.

          Newsletter

          Immer auf dem Laufenden Sie haben Post! Die wichtigsten Nachrichten direkt in Ihre Mailbox. Sie können bis zu 5 Newsletter gleichzeitig auswählen Es ist ein Fehler aufgetreten. Bitte versuchen Sie es erneut.
          Vielen Dank für Ihr Interesse an den F.A.Z.-Newslettern. Sie erhalten in wenigen Minuten eine E-Mail, um Ihre Newsletterbestellung zu bestätigen.