Nebenkosten im EU-Parlament : Brüssels geheime Rechnungen
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Gegenwind: Die Flagge der Europäischen Union flattert vor deren Hauptquartier in Brüssel. Bild: Reuters
Eine Pauschale sorgt in Brüssel für Unmut. Journalisten forderten die EU vor zwei Jahren auf, die Verwendung der Gelder der „allgemeinen Kostenvergütung“ offen zu legen. Nun hat das Gericht der Europäischen Union entschieden.
Das Finanzgebaren der 751 Mitglieder des Europäischen Parlaments sorgt seit Jahren für hitzige Debatten. Besonders gilt dies für die „allgemeine Kostenvergütung“ von zurzeit monatlich 4416 Euro. Diese Pauschale soll hauptsächlich dazu dienen, die Kosten für eine Vielzahl von Aktivitäten in den Wahlkreisen der Abgeordneten zu decken. Dies reicht von der Büromiete über Telefonrechnungen bis hin zur Organisation von Ausstellungen. Ein Konsortium von rund zwei Dutzend Journalisten hat vor mehreren Jahren den Versuch unternommen, Einblick in die Verwendung der Gelder zu erhalten und mehr Transparenz zu erreichen.
Als sich die Parlamentsspitze weigerte, dem Antrag auf Offenlegung nachzukommen, reichten sie 2015 Klagen vor dem Gericht der Europäischen Union ein. Das Verfahren endete am Dienstag mit einer Schlappe. Die Richter wiesen die Klagen mit der Begründung ab, dass die angeforderten Dokumente personenbezogene Daten enthielten und die Journalisten in ihren Anträgen nicht nachgewiesen hätten, dass die Dokumente offenzulegen seien (Rechtssache T639/15 bis T666/15 sowie T-94/16).
Mängel der Kontrollmechanismen im Parlament offenlegen
Die Richter verwiesen darauf, dass ein Zugang zu Dokumenten grundsätzlich möglich sei. Antragsteller müssten die Notwendigkeit einer Freigabe von Daten nachweisen; zudem dürfe kein Grund zur Annahme bestehen, „dass die berechtigten Interessen der betroffenen Personen beeinträchtigt werden“. Die erste der beiden Bedingungen sei nicht erfüllt worden. Die Richter gelangten auch zu dem Schluss, dass es den Klägern weniger darauf angekommen sei, die ablehnende Haltung des Parlaments in Frage zu stellen; vielmehr hätten sie Mängel der Kontrollmechanismen im Parlament offenlegen wollen. Es sei aber auf Grundlage der eingereichten Klage nicht Aufgabe der Richter, dies zu bewerten.
Eine Umfrage des Konsortiums der Journalisten unter den Parlamentariern hatte 2017 ergeben, dass 249 Abgeordnete sich entweder weigerten, Angaben zu den Büros zu machen oder schlichtweg mitteilten, sie verfügten nicht über entsprechende Büros. Nur 134 Abgeordnete hatten die Büromieten offengelegt.
In Brüssel reagierte die Nichtregierungsorganisation „Transparency International“ (TI EU) enttäuscht auf das Urteil. Es sei ein „Schlag gegen Transparenz“, wenn die Verwendung der Kostenvergütung geheim bliebe. „In einer Zeit, in der das Zutrauen in die EU-Institutionen so gering ist, kommt dies vor den Europawahlen in kommenden Jahr einer irrwitzigen Botschaft gleich“, sagte TI-EU-Mitarbeiter Nick Aiossa. Der Streit dürfte im Parlament noch ein Nachspiel finden.
Der Grünen-Abgeordnete Sven Giegold setzt darauf, dass das Plenum Mitte November einen Beschluss zur Änderung der Geschäftsordnung fasst; demnach könnte das Präsidium des Parlaments künftig nicht mehr die Freigabe von Informationen zur Kostenvergütung unterbinden. Anderenfalls drohe der Ruf des Parlaments nachhaltig Schaden zu nehmen. „Das wäre ein Mühlstein um den Hals der Europaabgeordneten in ihrem Einsatz gegen Missbrauch von EU-Mitteln und Korruption“, sagte Giegold.