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Was ist jüdisch? : Wir müssen uns gegenseitig aushalten

  • -Aktualisiert am

Jüdisch zu sein kann sehr viel Unterschiedliches bedeuten, weiß Sasha Marianna Salzmann. Bild: Picture Alliance

In meiner sowjetischen Geburtsurkunde stand unter Nationalität „jüdisch“, die Rubrik Religion blieb leer. Ich bin jüdisch und queer und habe als Frau gelebt und schreibe Romane. Ich hoffe auf eine lange Kette der Verknüpfungen.

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          Minderheiten sind manchmal ganz unterhaltsam. Vor allem wenn sie aufeinander losgehen. Es kann schon mal abendfüllend sein, wenn sie sich um den Preis der besten Marginalisierten in die Haare kriegen. Minderheit zu sein bedeutet nicht zwangsläufig, einer von wenigen zu sein, doch es bedeutet stets, weniger Platz in der öffentlichen Meinungsarena einzunehmen. Es gibt eben nur eine überschaubare Anzahl von Mikrofonen, die Hauptrollen sind schnell aus der Mehrheitsgesellschaft besetzt. Die Themen, zu denen die Minderheiten eingeladen werden, sich zu äußern, sind einschlägig: Frauen sprechen über die immer noch fehlende Gleichberechtigung und über sexuelle Gewalt, Muslime über das Kopftuch und den Dschihad, Juden und Jüdinnen über Antisemitismus, Israel, die Schoa, die Kippa und manchmal, wenn es gut läuft, über jüdischen Humor und wo der Unterschied liegt zu Judenwitzen.

          Und so haben Minderheiten, gleich wie viele ihr angehören, weniger Sprechzeit. Die Darstellung ihrer Lebensrealität fällt gerne verkürzt aus, so bleibt verborgen, wie vielfältig ihre Anliegen sind. Von diesen limitierten Plätzen aus müssen die anderen aus den eigenen Reihen notgedrungen als Konkurrenz wahrgenommen werden. Im schlimmsten Fall krallen sie sich an die hart erkämpften Mikrofonständer und versuchen dem Publikum weiszumachen, dass sie allein die einzig richtige Version der Geschichte zu erzählen haben. „Schaut nicht weg! Schaut zu mir!“ Dem Publikum gefällt das, es raunt: „Beißt euch! Kämpft! Macht euch nieder!“ Was bis gestern als Nischenthema galt, füllt heute die Feuilletons aller großen Zeitungen.

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