Wer ist Hüter der Verfassung?
- -Aktualisiert am
Die Europäische Kommission in Brüssel. 10.06.2019 Bild: dpa
Im Machtkampf mit den Mitgliedstaaten instrumentalisiert die Europäische Union das Recht. Nötig wäre statt dessen eine offene Debatte. Ein Gastbeitrag.
Die Europäische Union war immer schon rechtlich und politisch schwer zu beschreiben. Eine klassische internationale Organisation war sie nie, ein Bundesstaat, in dem sich eine politische Gemeinschaft der europäischen Bürger zusammengeschlossen hat, ist sie auch nicht. Über die längste Zeit bestand europäische Integration in der Verwirklichung spezifischer politischer Projekte, vom Binnenmarkt über einen Raum gemeinsamer Innen- und Sicherheitspolitik bis hin zur Einführung einer gemeinsamen Außenpolitik.
Die EU dient den EU-Mitgliedstaaten dieser Sichtweise zufolge als Mittel, um bestimmte politische Ziele zu verwirklichen. Letztere definieren Auftrag und Handlungsbefugnisse der EU-Organe, die diese als Beauftragte auszuführen haben. Das Prinzipal-Agent-Verhältnis würde gesprengt, wenn die EU-Mitgliedstaaten die Kontrolle über das Verhalten ihrer Beauftragten verlören. So wichtig es für eine effektive Aufgabenerfüllung der EU ist, dass ihre Organe rechtliche Entscheidungsfreiheiten haben, über politische Macht verfügen und ihre Entscheidungen gegenüber den Mitgliedstaaten durchsetzen können, so unverzichtbar ist dieser Sichtweise zufolge die Überwachung der Einhaltung der Grenzen der Integration. Viele mitgliedstaatliche Verfassungsgerichte halten es deshalb für ihre Aufgabe, zu überprüfen, ob die EU-Organe die vertraglich eingeräumten Befugnisse nicht überdehnen.
Jetzt 30 Tage kostenfrei testen 2,95 € / Woche
Jetzt kostenfrei Zugang abonnieren?