Die Erpressung
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Migranten lagern am 11. November vor dem von Polen errichteten Zaun an der belarussisch-polnischen Grenze. Bild: AP
Indem Europa panisch auf ein paar tausend Migranten an seiner Ostgrenze reagiert, läuft es in die Falle Alexandr Lukaschenkos. Wenn Europa Stärke zeigen will, lässt es die Leute einfach herein.
Falls es die Absicht des belarussischen Präsidenten Alexandr Lukaschenko war, ein paar tausend Menschen aus dem Nahen Osten in sein Land zu holen und sie von dort nach Westen, in die Länder der Europäischen Gemeinschaft zu schicken, damit sie uns Europäern das Essen, die Wohnungen, die Arbeitsplätze streitig machen, unsere Sozialhilfe beanspruchen und womöglich schon durch ihr pures Anderssein ihren Beitrag leisten zur Destabilisierung des Abendlands: Dann kann man wohl sagen, dass er gescheitert ist – an Mauern und Stacheldrähten, an der polnischen Armee und an den Hundertschaften der Bundespolizei, die der Innenminister Horst Seehofer an die deutsche Ostgrenze versetzt hat.
Wenn man aber unterstellt, dass Lukaschenko pompös und brutal, zynisch und ziemlich selbstherrlich ist, nicht aber dumm: Dann darf man ihm auch einen klügeren, subtileren und womöglich bösartigeren Plan unterstellen. Vor der Öffentlichkeit, zumindest vor jenem Teil, der sich für die Tragödie an der belarussisch-polnischen Grenze interessiert, steht Lukaschenko jetzt wie ein Gangster und Menschenhändler da. Das wird ihm nicht gefallen; aber einen Ruf hat er schon lange nicht mehr zu verlieren.
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