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Kampf gegen Falschmeldungen : Macron kündigt Gesetz gegen Fake News an

Emmanuel Macron bei seiner Neujahrsansprache vor der Presse Bild: MA/POOL/EPA-EFE/REX/Shutterstock

Der französische Präsident kündigt ein Gesetz gegen Plattformen an, die gezielt Falschmeldungen verbreiten. Bei den Neujahrswünschen für die Presse kommt er den echten Journalisten auch auf andere Art entgegen.

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          Man hat Emmanuel Macron vorgeworfen, wie ein Monarch im Elysée-Palast zu herrschen und dabei die Presse auf Distanz zu halten. Am Mittwochabend versuchte der französische Präsident, das Gegenteil zu beweisen. Er präsentierte sich bei den traditionellen Neujahrswünschen für die Medien nicht als ihr Freund, aber als ein Schutzherr und als ein Gegenpart voller Respekt für die Arbeit seriöser Journalisten.

          Christian Schubert
          Wirtschaftskorrespondent für Italien und Griechenland.

          Zuviel Nähe zu den Medien lehnt er bekanntlich ab, alleine schon um sich von seinem als geschwätzig empfundenen Vorgänger François Hollande abzusetzen. Seit Macrons Amtsantritt kontrolliert der Elysée-Palast mit großer Strenge jedes nach außen dringende Wort. „Weder vertrauliche Mitteilungen noch heimliches Einverständnis zwischen Politikern und Journalisten können die Basis für die Zusammenarbeit sein“, sagte Macron den rund 400 anwesenden Journalisten. Mit anderen Worten: Zuviel „Spin“ töte die eigentliche Nachricht. Besser sei es, wenn jede Seite in integrer Weise ihrer Arbeit nachgehe, sagte der Präsident.

          Macron sprach im feierlichen Salle des fêtes, der von Kronleuchtern nur so funkelt und durch schwere Gobelins staatliche Größe verbreiten soll. Bei einer respektvollen Distanz zu den Medien will es der Präsident aber nicht belassen. Er kündigte einen Gesetzentwurf an, der in Wahlkampfzeiten gegen „Fake News“ vorgehen soll.

          Nicht nur die Regierung, sondern auch Journalisten müssen aktiv tätig werden

          Es könne nicht angehen, „dass Propaganda über tausende von Konten in sozialen Netzwerken in allen möglichen Sprachen verbreitet wird, darunter Lügenmärchen, die Politiker, Prominente oder Journalisten in den Schmutz ziehen“, sagte der Präsident, der im vergangenen Mai in Anwesenheit von Präsident Wladimir Putin russische Medien wie „Sputnik“ und „Russia Today“ kritisiert hatte. Macrons geplanter Gesetzentwurf soll die Medienplattformen verschärften Transparenzanforderungen unterziehen.

          Es müsse künftig offengelegt werden, wer die Sponsoren medialer Inhalte und ihre Hintermänner seien. Auch solle die finanzielle Förderung zweifelhafter Inhalte begrenzt werden. Im Fall der Verbreitung von ‚Fake News‘ werde es möglich sein, ein Gericht auf einem vereinfachten Weg einzuschalten. Dieses könne die Verbreitung der betroffenen Inhalte stoppen und den Zugang zu den ensprechenden Webseiten sperren.

          Der französischen Medienaufsichtsbehörde Conseil supérieur de l'audiovisuel (CSA) will Macron dabei zusätzliche Kompetenzen zugestehen, um  Einflussversuche ausländischer Mächte einzudämmen. Doch nicht nur die Regierungen sollten handeln, auch die Berufsorganisationen  der Journalisten müssten tätig werden, indem sie sich etwa selbst berufsethische Regeln für die Ausübung ihrer Arbeit setzen. Die von der Organisation „Reporters sans frontières“ ausgearbeiteten Standards lobte Macron ausdrücklich.

          Frankreich will sich für Rechte von Autoren einsetzen

          Macron beklagte dabei die „illiberale Versuchung“, der einige Staaten nachgegeben hätten – auch in Europa. Daher müsse auf diesem Feld die Europäische Union handeln, zumal einige Plattformen der „Fake News“ von autoritären Staaten unterstützt würden. Macron will den Dialog mit den entsprechenden Regierungen indes aufrechterhalten. Im Fall der Türkei hätte dieser Dialog zur Freilassung von zwei in der Türkei inhaftierten französischen Journalisten geführt.

          Der Präsident macht sich auch um die Geschäftsmodelle der Medien Sorgen. Zuviel des ökonomischen Mehrwertes, der von Journalisten und Kreativen erzeugt werde, kommen alleine den Verbreitungsplattformen zugute, kritisierte Macron. Den Namen Google nannte der Präsident nicht, doch er war in allen Köpfen.

          Auch auf europäischer Ebene müsse man in diese Richtung wirken, etwa durch eine gemeinsame Steuerpolitik. Daher setze sich Frankreich auch für die Rechte von Autoren ein. Nur wenn die Produzenten von Inhalten  angemessen honoriert würden, ließe sich eine pluralistische Medienlandschaft erhalten.

          Soziale Netzwerke : Fake-News im Internet

          So sprach der Präsident etwa 40 Minuten lang. Danach blieb er freilich weitere anderthalb Stunden, um auf die Fragen der Journalisten zu antworten. Von wegen Distanz. Macron, der im Dezember vierzig Jahre alt wurde, war keine Frage zu viel, ob sie sich um den Iran, Religion oder die Flüchtlinge handelte. Geduldig ging er auf die Journalisten ein, bis die Schar aus 400 Medienvertretern nur noch auf eine Traube von rund drei Dutzend Reportern geschrumpft war. In Bezug auf die Koalitionsverhandlungen in Deutschland stellte Macron Geduld zur Schau.

          Er werde keine Ultimaten für seine europapolitischen Ideen setzen. „Ich habe Vertrauen in die Kanzlerin und ihre Partner“. Die Verschärfung der Entsenderichtlinie für Billigarbeiter aus Osteuropa, für die sich Frankreich stark ins Zeug legte, habe die Handlungsfähigkeit Europas unter Beweis gestellt. Im Februar dieses Jahres werde es zu einem Austausch über die Organisation der Europawahlen von 2019 und über ein europäisches Budget kommen.

          Im März wollten Frankreich und Deutschland zudem „gemeinsame Positionen“ zur Wirtschafts- und Finanzpolitik vorlegen. „Jetzt ist der Moment, um zu handeln“, fügte er hinzu. Erst als seine Pressesprecherin den Präsidenten nach mehreren Fehlversuchen vom Aufbruch überzeugen konnte, ging die Veranstaltung zu Ende.

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