Worüber Ruangrupa schweigt
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Kuratiert gemeinsam die documenta 15: das indonesische Künstlerkollektiv ruangrupa Bild: Gudskul / Jin Panji
Ruangrupa gerieren sich als politisch hellwache Macher der diesjährigen documenta. Warum nutzen sie das Forum dann nicht für Kritik an ihrer indonesischen Heimat?
Wie diskutiert Indonesien über die wechselseitigen Anschuldigungen von Antisemitismus und Rassismus, die die von Ruangrupa kuratierte Documenta 15 schon vor deren offizieller Eröffnung verursacht? Die kurze Antwort lautet: überhaupt nicht. Die einzigen beiden Erwähnungen erfolgten auf einer Website namens Beritautama, von der man zuvor nie gehört hatte und von der unbekannt ist, wo sie überhaupt angesiedelt ist. In den wichtigen indonesischen Medien hat es dagegen seit Anfang März keine längeren Artikel mehr zu Ruangrupa gegeben. Kassel ist wohl zu weit weg und das Interesse an Gegenwartskunst in Indonesien zu neu und noch zu gering verbreitet. Dafür haben aber Menschen aus dem Ostteil Indonesiens eine Meinung, wenn man sie fragt, und zwar zu den indigenen Völkern des Landes, die auf der Documenta kaum auftauchen.
Trotz aller Verstiegenheit im Vokabular über Israel und die Palästinenser haben Ruangrupa bisher kein einziges kritisches Wort über Papua verloren, und schon gar nicht haben sie kritische Künstler aus dieser östlichsten Provinz Indonesiens eingeladen. Dabei ist Papua das größte schwelende Problem des Landes. Man kann sich freilich nicht sicher sein, ob Ruangrupa es überhaupt sehen. Zu einer Vorveranstaltung der Documenta im Goethe-Institut von Jakarta hatten sie zwar eine Fotoschule aus Papua eingeladen, aber deren Repräsentanten waren vergleichsweise hellhäutige Indonesier. Papuas sehen dagegen als ethnische Melanesier mit ihrer dunklen Haut und krausem Haar sehr verschieden vom Rest der Landesbevölkerung aus.
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