Die russische Opposition zerlegt sich selbst
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Der Wille zum Widerstand in Russland wird auch durch Geld ertränkt, und manche Player sind namentlich bekannt: Filiale der Alfa-Bank in Moskau Bild: Tass/Imago
Schon öfter weckte die russische Opposition den Verdacht, den Widerstand gegen Putin nur halbherzig zu unterstützen. Jetzt bekämpfen sich die verschiedenen Lager gegenseitig.
Am 6. Juli 2004 ging ich in Moskau zum Arzt und stellte dort fest, dass meine Bankkarte nicht funktionierte. Da die Hotline ständig besetzt war, lief ich zur nächstgelegenen Bankfiliale. Dort hatte sich bereits eine große Menschenmenge versammelt. Die Geldautomaten waren leer, die ratlosen Mitarbeiter gaben keine Auskunft, Geld war anscheinend nur am Schalter zu bekommen, aber die Schlange dort war einfach zu lang. In Selbstorganisation hatten die Kunden Wartelisten für den nächsten Tag angelegt.
An jenem nächsten Tag erschien in der damals wichtigen überregionalen Zeitung „Kommersant“ ein Bericht über die Vorkommnisse. Die Schlagzeile lautete: „Die Bankenkrise ging auf die Straße. Systemrelevante Banken stießen mit den Kunden zusammen.“ Der „Kommersant“ war schon immer für verspielte Titel bekannt. Daraufhin verklagte die Bank die Zeitung. Sie behauptete, erst der Pressebericht habe die Kunden in Panik versetzt, und verlangte umgerechnet rund zehn Millionen Dollar Schadenersatz. In der Situation hätte der Verlag, damals eines der einflussreichsten Medienunternehmen Russlands, eine derart hohe Strafe kaum verkraftet. Nach einem Jahr vor Gericht wurde die Entschädigungssumme auf etwa eine Million reduziert.
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