Mord und Mythos
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Frauen warten 2007 in der Kirche von San Luca auf die Särge von Francesco Giorgi, Sebastiano Strangio und Marco Marmo. Bild: AP
Rund 40 Milliarden Euro soll die kalabrische ’Ndrangheta jährlich mit Drogen und Waffenhandel verdienen. Trotzdem ist das Bild der Mafia in Deutschland immer noch von Idealisierungen geprägt. Höchste Zeit, die realen Gefahren zu sehen.
Wenn es eine Szene gibt, die fast jeder Filmliebhaber der westlichen Hemisphäre zitieren kann, dann ist es der Beginn von Francis Ford Coppolas „Der Pate“: Ein Zimmer im Halbdunkel, der Monolog des um Gerechtigkeit für seine Tochter bittende Bonasera und eine unscharf gefilmte Hand, bevor schemenhaft die Gestalt des am Schreibtisch sitzenden Don Corleone erkennbar wird. Nahezu regungslos lauscht er dem Bittsteller, die Hand konzentriert am Kinn. Dann winkt sie mit kleiner Geste jemanden heran, der dem um Fassung ringenden Bonasera etwas zu trinken reicht. Ein ausgewählter Kreis, den man nicht sieht, ist in diesem Zimmer, während draußen die Hochzeit von Don Corleones Tochter gefeiert wird. Das ausgelassene Familienfest, das macht der Kamerawechsel deutlich, ist nur möglich durch das Geheimnisvolle, das im Halbdunkel unter der Regie des Paten vor sich geht.

Redakteurin im Feuilleton.
Die meisterhafte filmische Umsetzung von Mario Puzos Beststeller mit Marlon Brando in der Hauptrolle war die Geburtsstunde eines Mythos, der die Wahrnehmung der organisierten Kriminalität bis heute prägt: des Mythos vom Mafioso als Ehrenmann, der nur den eigenen Gesetzen folgt und wohltätig und großzügig all jenen gegenüber ist, die ihm Treue und Respekt erweisen. Don Corleone verkörpert Eigenschaften, die für Gangster, letztlich aber für jeden Menschen erstrebenswert sind: Verlässlichkeit und Fürsorglichkeit gegenüber der Familie, die um jeden Preis zu schützen ist.
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