Ein Regenbogen über Minsk: Dämmert hier bald eine neue Zeit, oder kommt die alte noch mal zurück? Bild: Getty
Die Jagd auf Belarus
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In Weißrussland beginnt ein postkolonialer Diskurs. Man will nicht mehr der bäuerliche kleine Bruder des Russen sein – und fürchtet doch seine Macht. Ein Gastbeitrag.
Kann man die Jagd auf Hasen aus der Perspektive der Hasen beschreiben? Mit ebendieser Frage haben sich nach eigener Aussage zwei belorussische Historiker befasst und ein Buch mit dem Titel „Die Geschichte Russlands“ geschrieben, das neulich in Minsk erschienen ist. Auf Belarussisch. Genauso gut könnten sich auf der anderen Erdhalbkugel mexikanische Wissenschaftler mit Ähnlichem beschäftigen und eine Geschichte der Vereinigten Staaten schreiben. Doch die Kühnheit unserer belorussischen Hasen verdient umso mehr Respekt, als das Konfrontationsverhältnis zwischen Belarus und Russland nicht nur in der Vergangenheit begründet liegt, sondern sich direkt vor unseren Augen entwickelt, und das mit großem Aufsehen, mit Skandalen und gegenseitigen Vorwürfen.
Die Einnahme der Krim und der Krieg im Donbass haben Russland eine Entfremdung von den nächsten Nachbarn und den engsten Verbündeten eingebracht, die es so grundsätzlich wohl kaum erwartet hat. Die Nachbarn haben sich erschrocken, sind aber nicht umgefallen. Im Gegenteil. Putin hat zur Selbstfindung vor allem der ukrainischen Nation beigetragen, die sich vor der Krim-Annexion im Grunde in einem amorphen Zustand befand. Eigentlich müsste man ihm in Kiew jetzt ein marmornes Denkmal setzen, wären da nicht die mehr als zehntausend Toten des Kriegs im Donbass und die große Anzahl von Flüchtlingen.
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