Facebook : Die universale Volksrepublik
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Bild: F.A.S./Kat Menschik
Wahrscheinlich hat Facebook von jedem Menschen, der das Internet benutzt, ein Profil, auch wenn er gar keinen Facebook-Account besitzt. So kolonisiert das soziale Netzwerk das ganze Internet.
Facebook wird gerne darauf reduziert, dass es die Daten seiner Nutzerinnen und Nutzer sammelt. Reduziert deswegen, weil die Vorwürfe, Daten zu sammeln und diese irgendwie für das eigene Geschäft zu verwenden, mittlerweile zu einem nutzlosen Allgemeinplatz verkommen sind, ohne die keine Silicon Valley- und Internetkritik mehr auskommt.
Nutzlos deswegen, weil die Datensammeln-gleich-Böse-Erzählung meist abstrakt und unwirklich bleibt, wenn nicht in einfachen Worten erklärt wird, warum genau es eher ungut ist, wenn ein Internetkonzern uns auf Schritt und Tritt im Internet verfolgt.
Insbesondere bleibt dieses Datensammelngeißeln folgenlos – die Datensammler sammeln weiter. Facebook taucht deswegen meistens nur dann in der Berichterstattung auf, wenn es ein neues Feature einführt oder ein anderes Internetunternehmen für einen absurd hohen Geldbetrag kauft oder seine allgemeinen Geschäftsbedingungen ändert.
Dann verschwindet Facebook wieder, und vielleicht auch deswegen konnte es in den letzten Jahren ein Ökosystem aus Apps aufbauen, das es langfristig in die Lage versetzen könnte, den Platzhirsch des Internets, Google, platt zu machen.
Digitale Wahrsagerei
Aber von vorn: Facebook als Überwachungskapitalist sammelt die Daten seiner Nutzerinnen und Nutzer einmal zum Selbstzweck, denn, so geht das Dogma, man weiß ja nie, wofür man die Daten mal brauchen könnte. Dann sammelt Facebook die Daten seiner Nutzerinnen und Nutzer aber auch, um personenbezogene Werbung auszuspielen.
Das ist der neue heiße Scheiß am Werbemarkt: „Behavioural Targeting“. Das ist die Behauptung, aus vergangenen Datenpunkten korrekt eine Nutzerabsicht ableiten und hieraus wiederum korrekt zukünftiges Handeln und die Interessen des Nutzers vorhersagen zu können. Kurzum: Wahrsagerei durch Computer. Das soll jetzt gehen.
Es ist bezeichnend, dass Nate Silver, der die amerikanische Präsidentschaftswahl 2012 für alle 51 Staaten korrekt vorhersagte, sich auf seiner Webseite FiveThirtyEight.com nicht ein einziges Mal zum Thema „Behavioural Targeting“ äußert.
Facebook sammelt aber auch, das zeigte eine Untersuchung der belgischen Universitat Löwen, Daten über das Internetnutzungsverhalten von Menschen, die entweder gar keinen Facebook-Account haben oder die einen haben und gerade gar nicht eingeloggt sind. Das geht über den „Like-Button“, dieses sogenannte „Social Plugin“, das laut „Guardian“ mittlerweile auf dreizehn Millionen Webseiten zu finden ist.
Niemand entgeht dem Tracking
Facebooks Tracking funktioniert ungefähr so: Sie gehen auf eine Facebookseite oder eine Seite mit Like-Button, woraufhin Facebook auf Ihrem Gerät ein sogenanntes Cookie platziert. Durch dieses Cookie kann Facebook das Gerät wiedererkennen. Da Cookies gelöscht werden können, hat sich Facebook die UID einfallen lassen, was für Unique Identification steht.
Das ist Ihre Personalausweisnummer bei Facebook. Jeder, der von Facebook erfasst wird, bekommt eine – und nur eine. Die UID hat für Facebook den Vorteil, dass sie auf Facebooks Server liegt und nicht auf Ihrem Gerät. Das bedeutet, das Cookie dient nur noch dazu, Sie eindeutig zu identifizieren, mit der UID werden auf Facebooks Servern alle über Sie vorhandenen Informationen verknüpft. Sollten Sie sich irgendwann mal dazu entschließen, sich einen Facebook-Account zuzulegen, wird Ihre schon bestehende UID einfach mit ihrem Account verknüpft.
Das heißt, dass Facebook wahrscheinlich von jedem Menschen, der das Internet benutzt, ein Profil hat, mit oder ohne Facebook-Account. Dieses Tracking ist nach EU-Recht zwar illegal, da man in diesem Fall eigentlich direkt einwilligen müsste, aber das stört Facebook nicht, und die Regulierer sind behäbig, nein, eigentlich ist behäbig noch ein Euphemismus.
Moment, werden Sie jetzt zurecht fragen, ich habe gar keinen Facebook-Account, woher soll denn jetzt Facebook wissen, dass es mich gibt? Die Facebook-App auf dem Telefon hat eine Funktion, mit der man Freunde über sein eigenes Adressbuch auf Facebook suchen kann. Sie haben zwar keinen Facebook-Account, Ihr Bekannter hat sie aber in seinem Telefon mit Email-Adresse und Telefonnummer abgespeichert und aktiviert jetzt die Facebook-App auf seinem Telefon. Er wird nur gefragt, ob Facebook mithilfe seines Adressbuches nach Freunden suchen soll.