In Gesellschaft der Graphen
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Neue Raumordnung: Verbindungen zwischen Menschen ermöglichen eine neue Form der Berechenbarkeit Bild: Getty
Soziale Netzwerke und Tracing-Apps erzeugen neue Formen der Ortung und Ordnung. Darum reicht es nicht, wenn Datenschutz nur das Individuum berücksichtigt. Ein Gastbeitrag.
Die Contact-Tracing-Apps zur Corona-Bekämpfung, die in den kommenden Wochen europaweit eingeführt werden sollen, werden bereits als ein Aushängeschild europäischer Werte gefeiert. Anders als in China, Korea und Singapur würden diese Apps den Datenschutz und die Freiheitsrechte der Bürger wahren. Die Anonymisierung der Daten, deren kryptographischer Schutz, ihre treuhänderische Speicherung sowie die Verwendung der jeweiligen Kontaktdaten in engbegrenzten medizinisch und epidemiologisch sinnvollen Kontexten sollen zeigen, dass diese Apps nicht im Interesse der Überwachung, sondern im Interesse des Schutzes und der Gesundheit der Bürger gestaltet wurden.
Den Grundprinzipien des Datenschutzes – Zweckbindung, Verhältnismäßigkeit, Datensparsamkeit und der Kontrolle der Bürger über ihre Daten – möchten diese Apps und ihre Infrastrukturen geradezu vorbildlich entsprechen. An diesem Modell, so ist nicht nur zwischen den Zeilen zu vernehmen, lässt sich die Zukunft digitalen Regierens in Europa ablesen. Gegenüber den Ängsten vor einer digitalen Überwachungstotalität, die wahlweise als ein neoliberaler, aber im Herzen marktfreier Überwachungskapitalismus daherkommt oder als digitale Autokratie gefürchtet wird, werde hier ein dritter Weg digitalen Regierens sichtbar.
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