Das Krebsgeschwür Taliban
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Die Lust, anderen die eigenen Werte aufzuzwingen: Talibankämpfer triumphieren in Kabul Bild: AP
Gott ist in Afghanistan lebendiger als alle Lebenden. Wer sich dort humanistischen Werten verschrieb, dem geht es an den Kragen. Denn autoritäre Regime müssen die Schrauben immer weiter anziehen. Ein Gastbeitrag.
Der Sieg der Taliban ist ein neuer, ein schrecklicher Schlag gegen den westlichen Glauben an die menschliche Vernunft. Einfach ein mächtiger Hieb auf den Kopf! Da denken wir, im Westen sei schon lange die Zeit der Gottlosigkeit angebrochen. Gott sei tot, wie Nietzsche behauptete. Vielleicht ist Gott im Westen tatsächlich tot, doch der naive Glaube, die westlichen Werte seien universal und taugten deshalb für alle, floriert. Diese Werte passen wirklich oft zum Leben. Aber wo? Im Westen. Und der Westen ist sicher, dass andere Zivilisationen für sein Modell noch nicht reif genug seien und daher Belehrungen nötig hätten. In Wirklichkeit irrt der Westen mit dem Glauben an sein universales philosophisches Modell des Menschen.
Dieses Modell gründet auf den Bestrebungen des europäischen Humanismus. Ein empfindsam-schönes Gebilde, stützt es sich auf den Triumph der Renaissance-Kultur, Mona Lisa, die Schönheiten von Florenz, Museen, Parks, Mozart und Champagner. Es ist ausgerichtet auf die lichte Zukunft des Komforts, es ruht auf der Überzeugung, der Mensch sei im Grunde gut und das Böse bloß ein aufgesetztes Phänomen, mit dem man fertigwerden kann. Wenn man den Menschen nur mit Humanismus impft, dann wird alles okay!
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