In der Krise schlägt die Stunde der Opportunisten
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Miniatur des vierzehnten Jahrhunderts: in der Schneiderwerkstatt. Bild: Verlag M. Moleiro
Das Vermächtnis des Schwarzen Todes: Pandemien lösen politische Umwälzungen aus, das war schon bei der Pest so. Eine Studie des Politologen Jan Vogler bringt neue Erkenntnisse.
Herr Vogler, Sie haben als Politologe an der University of Virginia lange vor Ausbruch der Corona-Pandemie mit Daniel Gingerich mit der Arbeit an der Studie „Das Vermächtnis des Schwarzen Todes für Wahlen in Deutschland“ begonnen. Jetzt, da sie vorliegt, hat sie ungeahnte Aktualität erhalten. Was ist die wichtigste Erkenntnis?
Das zentrale Ergebnis der Studie ist, dass die Pest, die von 1347 bis 1351 am stärksten wütete, die damalige Gesellschaft in ihren politischen und sozioökonomischen Grundfesten erschüttert hat. Sie hat dadurch eine so umfassende gesellschaftliche Transformation ausgelöst, dass sich deren Folgen auch Jahrhunderte später, bis ins deutsche Kaiserreich, noch erkennen lassen. Gerade in Deutschland können wir das beobachten, weil der deutschsprachige Raum Mitteleuropas in der Frühmoderne zwischen dem fünfzehnten und achtzehnten Jahrhundert dezentral organisiert war und es vor 1871 keinen Zentralstaat gab, der die durch die Pest hervorgerufenen Umwälzungen hätte umkehren oder beseitigen können.
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