Das laute Schweigen
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Als Orte mutmaßlicher Fälle von Cancel Culture gelten oft amerikanische Universitäten. Hier zu sehen ist der Campus der Yale University. Bild: Getty
Wovon die Rede ist und wovon nicht mehr: Der Literaturwissenschaftler Adrian Daub analysiert den Cancel-Culture-Diskurs als Kampf um Aufmerksamkeit.
Adrian Daub ist Literaturwissenschaftler, und in seinem neuen Buch untersucht er: Texte. Er schreibt über Poetiken, Gattungen und die Kraft des Fiktiven, verweist auf Gottsched und Lessing, betreibt Hermeneutik und Begriffsgeschichte. Daubs Buch ist aber kein Fachbuch. In ihm geht es nicht oder nur am Rande um literarische Texte, sondern um ein Genre, das hier erst als ein solches ausgemacht wird, als eine eigentümliche Form der Darstellung von eigentümlichen Inhalten, die wiederkehrend ist und wiedererkennbar und seit einiger Zeit sehr präsent und prominent.
Es geht um „Cancel-Culture-Texte“ – Texte, die vor Cancel Culture warnen oder sie beklagen. Sie werden bevorzugt als Artikel in Zeitungen veröffentlicht, in den USA, wie Daub hervorhebt, vorwiegend in Politikressorts, in deutschsprachigen Ländern eher in Feuilletons. Ihre Verfasser und viele ihrer Leser halten sie für Hinweise auf eine drohende oder bereits eingetretene Realität, doch laut Daub setzen Cancel-Culture-Texte auf Imaginationen und Fiktionen, verschleiern Wirklichkeiten, statt sie abzubilden. Und schaffen dabei Wirklichkeiten, vor denen wiederum Daubs Text warnt.
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