Die russische Schuld
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Kinder halten bei den Feierlichkeiten zum 9. Mai in Moskau Fotos von Familienmitgliedern in den Händen, die im Zweiten Weltkrieg getötet wurden. Bild: Picture Alliance
Ein Vernichtungskrieg wie der russische Überfall auf die Ukraine ist aus einem Wahn gewachsen. Und ob ich es will oder nicht – ich steckte mittendrin. Ein Gastbeitrag.
Bevor Russland die Ukraine überfiel, schrieb ich ein Buch über Paul Celan. Seitdem kann ich nur noch eins: verfolgen, wie sich die Ukrainer wehren, auf dem Schlachtfeld und in den sozialen Netzwerken. Gleich in der ersten Kriegswoche fiel mir etwas auf, was auch schon Celan erlebt hatte. Das werde ich hier aufschreiben.
Beide Eltern Celans waren als Juden im KZ getötet worden, und im Nachkriegsdeutschland fühlte sich kaum jemand schuldig. Celans Leser und Freunde sahen sich in erster Linie selbst als Opfer Hitlers, der Royal Air Force, der Siegerjustiz. In den ukrainischen Bombenkellern können die Leute lesen, wenn es dort Netzempfang gibt, wie sich ihre russischen Freunde auf allen Kanälen darüber beklagen, dass ihr Berufsleben von Putin zerstört wurde und wie sie unter den westlichen Wirtschaftssanktionen leiden, die sie manchmal als „Teppichbombardierungen“ bezeichnen.
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