Weltartenschutzkonferenz : Wer den Hai schützt, schützt das Meer
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Jetzt geschützt: der Blauhai. Bild: Getty
Erstmals werden 60 Haiarten unter Schutz gestellt. In der Rangliste der Sympathien stehen die Räuber ziemlich weit unten – aber das ist der falsche Ansatz.
Haie sind einfach immer wieder für einen Grusel gut, auch 47 Jahre nachdem Steven Spielberg ihr Image so gründlich ramponiert hat. Zuletzt behauptete sogar ein Dokumentarfilm, in Schutzgebieten würden Tigerhaie und Weiße Haie zu enormer Größe anwachsen, ein Ergebnis des dort reichen Nahrungsangebots. Meeresbiologen belegten, dass das so nicht stimmt, doch mehr als der Widerspruch hat sich wohl wieder einmal das Gefühl wohligen Schreckens verbreitet, das diese Räuber zuverlässig auslösen.
Deswegen dürfte die am Freitag verbreitete Meldung, es habe einen Durchbruch beim Schutz von Haien gegeben, die meisten Menschen zumindest ungerührt gelassen haben. Weitgehend unbeachtet tagt in Panama derzeit, wie alle drei Jahre, die CITES-Artenschutzkonferenz. Zwei Wochen lang wird darüber verhandelt, wie der internationale Handel so reguliert werden kann, dass Tier- und Pflanzenarten besser geschützt werden. Dass zu viele Exemplare der Natur entnommen werden, ist der zweitwichtigste Grund für den rapiden Artenschwund – nach der Landnutzung und vor der Klimaerwärmung.
„Ein Gänsehautmoment“
Sechzig Haiarten werden nun voraussichtlich – kommende Woche muss der Antrag noch im Plenum bestätigt werden – in Anhang II des Washingtoner Artenschutzabkommens gelistet, wo jene Spezies stehen, die gefährdet sind, aber noch nicht vom Aussterben bedroht. Sie dürfen dann nur noch nachhaltig gehandelt werden. Von einem „Gänsehautmoment“ sprach die Naturschutzorganisation WWF. Bislang waren nur wenige Haiarten geschützt. Laut dem viel beachteten Living Planet Report des WWF sind die Bestände von achtzehn Hai- und Rochenarten in den vergangenen fünfzig Jahren um gut siebzig Prozent zurückgegangen. Gejagt werden sie wegen ihres Fleisches, ihrer Haut, ihres Leberöls und ihrer Flossen, die in China und Thailand in Suppen landen. Beim „Finning“ wird den Tieren nur die Rückenflosse abgeschnitten, sie verenden.
Auch wenn diese berüchtigte Praxis das Zeug hat, Unbehagen auszulösen, der „conservation bias“ wird so nicht überwunden: die Tatsache, dass sich beim Thema Artenschutz Wahrnehmung und Sympathie auf wenige Säugetierarten konzentrieren, weil der Mensch dazu neigt, was ihm ähnlicher scheint, auch als bewahrenswerter zu empfinden. Die meisten der eine Million Arten, die in den kommenden Jahren verschwinden könnten, haben allerdings mindestens sechs Beine, Schuppen oder, wie Haie, Hunderte Zähne. Sind sie weg, ist auch die Stabilität der Ökosysteme dahin. Der Hai illustriert das besonders gut: Ohne die Top-Prädatoren vermehrt sich deren Beute, etwa Zackenbarsche, die dann den Bestand an pflanzenfressenden Fischen dezimieren. Tang und Algen nehmen zu, was wiederum Korallenriffe mit ihrem großen Artenreichtum schädigt. Es wurden in Panama also nicht nur Haie geschützt. Sondern das Meer.