Sie klagen, weil es sonst niemand tut
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Bauern bei der Protestaktion gegen das Agrarpaket der Bundesregierung Bild: dpa
Die Landwirtschaft hat in unserer Gesellschaft einen viel zu geringen Stellenwert. Muss erst wieder eine Hungersnot kommen, damit wir begreifen, was wir an den Bauern haben?
Wieder steuern die Bauern ihre Traktoren dorthin, wo sie buchstäblich nichts zu bestellen haben: Ihre zur Grünen Woche erneuerten Proteste werden die verantwortlichen Politiker auch dieses Mal kaum beeindrucken. Zu deutlich hatte Bundeskanzlerin Merkel schon Ende November, als die gewaltigen Landmaschinen von überallher in Berlin einliefen, gesagt, an eine Aufweichung oder an eine Verschiebung der von der Europäischen Union (EU) vorgeschriebenen Düngemittelverordnung, mit der insbesondere die Nitratbelastung des Grundwassers gemindert werden soll, sei überhaupt nicht zu denken: „Wenn wir über Jahre die Düngeverordnung nicht einhalten, dann kann ich auch nicht sagen: ‚Ach Leute, jetzt gibt’s noch drei Jahre dazu.‘ Das wird nicht klappen.“ Die drei Jahre bis zum Glyphosat-Verbot müssen also reichen und sind für sich genommen ein Zugeständnis der Politik gegenüber den Interessen der Landwirtschaft.
Das ist aber auch schon alles. An einer grundsätzlichen Solidaritätsadresse gegenüber den Landwirten hat es die Bundesregierung, anders als gegenüber der auch sonst gehätschelten Automobilindustrie, bislang fehlen lassen; und es ist kaum damit zu rechnen, dass es noch eine geben wird. Die Bundeskanzlerin begnügt sich mit dem Rat zu mehr „Flexibilität“; und Ministerin Klöckner legte mit ihrer Ansage, dass uns ökologischere Produkte dann eben mehr wert sein müssten, den Finger eher unfreiwillig in die immer weiter klaffende Wunde. Diese schon fast skandalöse Ideenarmut mag sich auch der Tatsache verdanken, dass die staatliche Agrarpolitik im Windschatten von Brüssel betrieben wird. Die gewaltigen, teils fehlgeleiteten Subventionen kamen und kommen ja aus der EU und stellen immer noch deren größten Haushaltsposten dar. So etwas macht achtlos oder bequem, zumal wenn man ohnehin keinen Draht zu den Bauern hat.
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