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Streitlustig: Der Extremismusforscher Ahmad Mansour Bild: Picture Alliance
Heute beginnt wieder einmal die Deutsche Islamkonferenz in Berlin. Sie offenbart die gefährliche Doppelmoral und Streitangst der deutschen Innenpolitik. Ein Debattenbeitrag von Ahmad Mansour.
Die Deutsche Islamkonferenz (DIK) ist zu einer eingestaubten Tradition verkommen. Auch die neue Bundesregierung möchte mit dieser Tradition nicht brechen und richtet daher an diesem Mittwoch eine Auftaktveranstaltung aus. Eingeladen sind die üblichen Verdächtigen. Eine Bühne bekommen fast nur diejenigen, die die Agenda der Bundesinnenministerin unterstützen. Alle anderen dürfen schweigend, aber mit zustimmendem Applaus assistieren. Ich muss zugeben: Als mich die Einladung zur DIK erreichte, überlegte ich kurz, ob ich überhaupt hingehen sollte. Muss ich die Beamten und Politiker aus dem Innenministerium ertragen, die mir gebetsartig in der Pause zwischen den Vorträgen beipflichten und sich über die Beiträge konservativer Vertreter von Verbänden wie der DITIB, dem Koordinierungsrat der Muslime oder dem Zentralrat der Muslime beschweren, nur um mir danach zu erklären, warum sie trotzdem weiterhin mit diesen Verbänden zusammenarbeiten werden? Muss ich mir die Beschwerden mancher Teilnehmer anhören, die sich von der Anwesenheit meiner Personenschützer gestört fühlen, ohne dass sie sich ansatzweise solidarisch mit der Situation von bedrohten Kritikern und liberalen Muslimen zeigen? Bringt uns der Austausch zu Themen weiter, die einzig an diesem Tag Relevanz zu haben scheinen, aber ansonsten mit dem Leben, dem Alltag von Muslimen in Deutschland kaum etwas zu tun haben?
Ignoranz der deutschen Politik
Eingeladen sind am heutigen Mittwoch auch wieder Angehörige der oben genannten konservativen Verbände sowie der muslimischen Zivilgesellschaft in Deutschland, aber auch Einzelpersonen und ein paar kritische Stimmen. Allgemein formulierte Punkte mit Wohlfühlfaktor wie beispielsweise der Zusammenhalt in Zeiten des Wandels, muslimisches zivilgesellschaftliches Engagement sowie Themen, die keine Kontroversen auslösen und mit denen die Verbände das Positive betonen und Kritik vermeiden können, kommen auf die Tagesordnung. Tiefgang ist nicht zu erwarten. Regierungsvertreter unterhalten sich mit konservativen Verbandspersonen, ideologisch angehauchten Konferenzteilnehmern und zivilgesellschaftlichen Akteuren, die gerne alles ausblenden, was streitbar sein könnte. Bewusst werden wichtige Themen des muslimischen Lebens in Deutschland – wie schon zu Zeiten Horst Seehofers und bei Thomas de Maizière – komplett ignoriert. Auch die derzeitige Regierung versäumt diese notwendige Diskussion nicht zum ersten Mal. Vor ein paar Monaten entschied sich das Innenministerium, die einzige Arbeitsgruppe, die das Thema „Politischer Islam“ behandelt, einzustellen. In dieser Regierung will man nämlich „Unterschiede zelebrieren“. Neben den Vorteilen von Vielfalt auch ihre Schwierigkeiten anzusprechen ist unerwünscht.
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