Wie wäre es mit Dialog?
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Zusammengedrängt in der belgischen Rumpelkammer, aber immer noch zu sehen: stereotypisierende Skulpturen aus dem neunzehnten Jahrhundert Bild: Jo Van de Vijver
Im Afrika-Museum in Tervuren kreuzen sich Debatten um Rassismus, Kolonialismus und die Rückgabe von Raubkunst. Das ist kein Nachteil, sondern eine Chance.
Wenn es in Europa einen Ort mit kolonial vergifteter Erde gibt, dann ist es wohl das Afrika-Museum im Brüsseler Vorort Tervuren. Die prächtige Anlage mit Park, Teich und Statuen, erbaut nach dem Vorbild Versailles, präsentiert sich als Monument europäischer Zivilisationshoheit. Man könnte auch sagen: Sie ist eine Angeberei gegenüber Afrika. Nicht weniger als fünfundvierzig Mal hat der belgische König Leopold II. (1835 bis 1909), der Erbauer des Museums, seine Initialen darauf anbringen lassen. Betrachtet man die pompöse Geste und denkt dabei an die brutale Ausbeutung seiner Privatkolonie Kongo am Ende des neunzehnten Jahrhunderts und an die mutmaßlich mehrere Millionen kongolesische Todesopfer, ist man geneigt, den Kontinent der Aufklärung mit etwas anderen Augen zu sehen.

Europa-Korrespondent des Feuilletons in Berlin.
Doch vor drei Wochen ereignete sich eine kleine Sensation. Der heutige belgische König Philippe schickte eine Botschaft an den Präsidenten der Demokratischen Republik Kongo, die erstmals eine klare Distanzierung von den Verbrechen der Vergangenheit aussprach. Aus Anlass des sechzigsten Jahrestags der Unabhängigkeit Kongos beklagte der Monarch die „Greueltaten“, die unter der Herrschaft Leopolds II. begangen worden seien. Er wolle sein „tiefstes Bedauern über die Wunden der Vergangenheit ausdrücken, deren Schmerz heute durch die immer noch allzu gegenwärtigen Diskriminierungen in unseren Gesellschaften erneuert wird“. Die Black-Lives-Matter-Bewegung war in Europas Königspalästen angekommen. Vierzehn Tage zuvor hatte das belgische Bundesparlament eine „Wahrheits- und Versöhnungskommission“ ins Leben gerufen, die Fragen nach Entschädigungszahlungen an die Demokratische Republik Kongo, aber auch eine offizielle Entschuldigung erwägen soll.
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