Die Zeit nach den Zeitzeugen
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Im Gebäude der Frankfurter Adlerwerke ist ein Geschichtsort entstanden, der an das Schicksal von mehr als 1600 Zwangsarbeitern erinnert, die zum größten Teil während der NS-Zeit umgekommen sind. Bild: Manz, Florian
Frankfurt schafft in den einstigen Adlerwerken im Stadtteil Gallus und am ehemaligen Synagogen-Standort neue Erinnerungsorte. Mit dem Ableben der letzten Zeitzeugen entstehen neue Wege des Erinnerns an die NS-Zeit.
Die Geschichte dieser Verweigerung von Gedenken werden Historiker zu schreiben haben, sobald die einschlägigen Dokumente zugänglich sind: Erst jetzt, 77 Jahre nach dem Ende des „Dritten Reiches“, ist in den Adlerwerken im Frankfurter Gallusviertel ein Erinnerungsort an das KZ Katzbach eingerichtet worden. Das Lager (ein Außenlager des KZ Natzweiler-Struthof im Elsass) befand sich auf dem Gelände der Fabrik, in der Zwangsarbeiter Teile für Fahrzeuge der Wehrmacht herstellen mussten. Vor allem Polen, die nach dem Warschauer Aufstand festgenommen und anschließend nach Deutschland verschleppt worden waren, wurden hier unter unmenschlichen Bedingungen eingesetzt. Von 1616 Insassen überlebten wenige. Die anderen starben in der Fabrik an den Folgen grausamer Arbeitsbedingungen, mangelhafter Versorgung und Folter. Oder in Konzentrationslagern, in die sie verlegt wurden, als sie für die Arbeit zu schwach geworden waren. Oder auf Todesmärschen in den letzten Kriegswochen.
Seit den Siebzigerjahren hatten sich Initiativen aus dem Gallus für eine Gedenkstätte an einem der dunkelsten Orte der Stadtgeschichte eingesetzt. Doch sie scheiterten an der Hinhaltetaktik, die die Leitung der Adlerwerke, die nach dem Krieg zur Produktion von Fahrrädern und Büromaschinen zurückgekehrt waren, verfolgte; darin unterstützt von der Dresdner Bank als Großaktionärin und von Akteuren in der Stadtpolitik. Auch nach dem Übergang der Immobilie in andere Hände änderte sich daran zunächst wenig.
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