Die neuen Pilger gedenken nur noch der Leiden der Christen
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Das mittelalterliche Kloster Solowezki, seit 1992 auf der Welterbeliste der Unesco. Bild: Picture-Alliance
Im Solowezki-Kloster am Weißen Meer errichtete die Sowjetmacht ihr erstes Konzentrationslager. Doch Denkmäler für deren Opfer sind nicht leicht zu finden.
Es ist ein bedrückend schöner Ort. Bei der Anfahrt mit dem Schiff zeichnet sich am Horizont das Panorama eines russisch-orthodoxen Bilderbuch-Klosters mit weiß getünchten Kirchen und von Zwiebelkuppeln geschmückten Dächern hinter gewaltigen, aus Natursteinen aufgeschichteten Festungsmauern ab. Doch innerhalb der Mauern des ehrwürdigen Klosters auf den Solowezki-Inseln im Weißen Meer, hundertfünfzig Kilometer südlich des Polarkreises, errichteten die Bolschewiki 1923 eines der ersten sowjetischen Straf- und Erziehungslager. Tausende sind hier umgekommen. Heute ringen die Russische Orthodoxe Kirche, Opferverbände und die lokale Bevölkerung um die Deutung dieses vielschichtigen russischen Erinnerungsortes.
In seinem Buch „Schwarzes Eis“ hat der polnische Journalist Mariusz Wilk die Solowezki-Inseln mit einem Wassertropfen verglichen, in dem sich die wechselvolle Geschichte des Zarenreiches kaleidoskopartig widerspiegelt. Tatsächlich hat sich an diesem abgelegenen Ort die Entwicklung des Landes immer wieder schicksalhaft verdichtet. Hier, im Norden des Territoriums der Stadtrepublik Nowgorod, gründeten im 15. Jahrhundert russische Mönche ein Kloster, das zu einem der wichtigsten geistlichen Zentren der Russisch Orthodoxen Kirche aufsteigen sollte. Auf der rund zweihundertfünfzig Quadratkilometer großen Hauptinsel bildete sich eine Kommunität, in der vor der Revolution von 1917 mehr als dreihundert Mönche lebten. In der Einsamkeit der fünf Nebeninseln errichteten Einsiedler ihre Klausen.
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