
Hohenzollerndebatte : Preußen gegen Jakobiner
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Alterssitz: Büste Wilhelms II. vor Haus Doorn in Holland, dem Wohnsitz des Exkaisers im Exil Bild: Picture Alliance
In Berlin wurde ein Sammelband mit Beiträgen zur Debatte um die Hohenzollern vorgestellt. Einer der Herausgeber bezeichnete die Kritiker Preußens als „Stubenjakobiner*innen“. Zur Begründung berief er sich auf die Freiheit des Humoristen.
Von Rinnsteinpoesie oder auch Rinnsteinkunst sprach, nicht eben freundlich, der selige Kaiser Wilhelm Zwo aus dem Hause Hohenzollern, wenn ihm ein Vers oder Theaterstück oder ein Gemälde nicht passte. Und es waren keine Freizeitmaler und -dichter, die er auf diese Weise abkanzelte, sondern Leute wie Gerhart Hauptmann oder Max Liebermann, die sich ohne allerhöchste Erlaubnis einen Namen gemacht hatten.
Derlei Tiraden sind lange her, und es gäbe keinen Grund, darauf zurückzukommen, wäre nicht in diesen Tagen ein mittelschwerer Sammelband mit dem Titel „Die Hohenzollerndebatte“ erschienen, in dem dreiundzwanzig deutsche Historiker und Juristen ihre Ansichten zu besagter Debatte kundtun. Allerdings fällt auf, dass nur eine von zwei Debattenparteien in dem Buch zu Wort kommt – jene, die den Rückgabe- und Entschädigungsforderungen der Hohenzollern-Nachkommen wohlwollend gegenübersteht.
Warum das so ist, wird nicht erklärt, aber man ahnt es, wenn man liest, wie Frank-Lothar Kroll, einer der drei Herausgeber, die Autoren der Gegenseite (deren Aufsätze auch in der F.A.Z. erschienen sind) bezeichnet: als „Kammerjäger“, „Klosterforscherinnen“ und „Stubenjakobiner*innen“. Es geht also nicht um einen umfassenden Überblick über die Debatte, sondern darum, klarzustellen, wer in den preußischen Salon hineindarf und wer nicht: Jakobiner, zurück in den Rinnstein!
Mit etwas weniger Ernsthaftigkeit
Gestern wurde der von Duncker und Humblot verlegte Band in Berlin vorgestellt, und da zeigte sich, dass Kroll es so gemeint hat, wie er es schrieb – und dann auch wieder nicht. Ein Jakobiner sei jemand, der den Kopf des Königs wolle, sagte er, und dass man gegen Grobiane wohl auch einmal grob werden dürfe. Andererseits wollte er seine Formulierung als „humoristisches Bild“ verstanden wissen, das man mit „etwas weniger Ernsthaftigkeit“ betrachten solle. Ach, so ist das!
Nun hat man bislang noch nicht gehört, dass einer der hohenzollernkritischen Experten den Preußen-Historiker Kroll etwa als Gassenmonarchisten oder Kasernenhofprofessor betitelt hätte. Aber vielleicht muss man das Thema einfach ein bisschen weniger ernsthaft angehen. Auch die Entgleisungen Seiner Kaiserlichen Majestät, etwa die berüchtigte Hunnenrede oder das zur endgültigen Vergiftung der britisch-deutschen Beziehungen führende Daily-Telegraph-Interview, waren ja längst nicht so ernst gemeint, wie sie von der Weltöffentlichkeit wahrgenommen wurden. Die Hohenzollerndebatte, das ist sicher, wird uns noch viel Grund zur Heiterkeit geben.