
Die Rückkehr der Autokinos? : Sicher hinter der Scheibe
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Ein Ort der Romantik? Autokinos könnten eine Rettung sein in Zeiten der sozialen Distanzierung. Nur mit dem Picknick außerhalb des Wagens dürfte es schwierig werden. Bild: AP
Seit Jahrzehnten war fast alles, was man über Autokinos las, ein Nachruf. Nun, da die Viren fliegen, sind sie plötzlich wieder da. Und die amerikanische Geschwisterschaft der Fahr-rein-Unternehmer macht uns Mut.
Lauter längst vergangen geglaubte Dinge kommen gerade zurück. Wer hätte noch vor kurzem gedacht, das Wort „Passierschein“ habe mehr als eine historische Bedeutung? Oder die Rationierung von Lebensmitteln? Und dann ist da noch das Autokino. Seit Jahrzehnten war fast alles, was man über Autokinos las, ein Nachruf. Jetzt berichten verschiedene amerikanische Zeitungen über die Wiederkehr des Verdrängten. Hier nämlich kann man soziale Distanz leben und trotzdem ausgehen beziehungsweise -fahren, Popcorn inklusive.
Laut der „United Drive In Theater Owners Association“ (UDITOA), dem Verband amerikanischer Autokino-Besitzer, gibt es 305 Autokinos in der Vereinigten Staaten. Bislang hätte man „noch“ gesagt, jetzt denkt man sich: immerhinque! Die Internetseite der UDITOA hält dann sogar eine nach Bundesstaaten aufgeschlüsselte Statistik parat, und siehe da: In Nebraska gibt es leider wirklich nur noch ein Autokino, in Pennsylvania hingegen sagenhafte 28, mit insgesamt 45 Leinwänden. Das „mission statement“ auf der Internetseite klingt plötzlich wie eine Abwandlung der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung: „To form a strong brotherhood (and sisterhood) of drive-in owners“. Die Geschwisterschaft der Fahr-rein-Unternehmer soll einander bei Problemen helfen und die Öffentlichkeit bilden und erziehen.
Zugegeben, das „Blue Starlite Mini Urban Drive-In“ in Austin, Texas, das in einem Revival-Artikel der „New York Times“ beschrieben wird, sieht auf dem dazugehörigen Bild aus, als habe es noch ordentlich Luft nach oben: ein abgehalfterter Parkplatz mit Kleinstleinwand, auf der ausgerechnet der ultimative Tunix-Film „The Big Lebowski“ gezeigt wird. Auch so ein altes Wort: „Tunix“. Aber für die Luft nach oben, den Stoff der Träume, den wir alle gerade so brauchen, bietet die Homepage der UDITOA ihrerseits Raum. In ihrem Inhaltsverzeichnis entdeckt man zwischen „About Us“ und „Members“ tatsächlich auch eine Kategorie „For Sale“. Neugierig klickt man darauf – und siehe da: Ein „schönes Fünfhundert-Autos-eine-Leinwand-Drive-in unterhalb der Smoky Mountains“ steht zum Verkauf. Auf halbem Weg zwischen Knoxville and Chattanooga. Mit „radio sound“, das heißt, die Tonspur des Films wird auf einer eigenen Radiofrequenz übertragen, mit digitaler Projektion und „in gutem Zustand“.
Kann man sich eine romantischere Verkaufsanzeige denken? Ein Land der Möglichkeiten. In Deutschland, war gerade im Regionalteil dieser Zeitung zu lesen, bleiben auch Autokinos nicht von den Quarantäne-Maßnahmen verschont. Das Autokino Gravenbruch bei Neu-Isenburg etwa, das demnächst sechzigsten Geburtstag feiert, ist derzeit geschlossen.