Ungarns Nationaloper : Wem die Stunde schlägt
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À la Zeffirelli: Szene aus Ferenc Erkels „Hunyadi László“ Bild: Valter Berecz/Hungarian State Op
Fünf Jahre Bauzeit und gut 150 Millionen Euro hat es gebraucht, um Ungarns Nationaloper für die Zukunft zu ertüchtigen. Jetzt ist der königliche Prachtbau mit einem Pflichtstück der nationalen Musikkultur wiedereröffnet worden.
In seiner Rede zur Wiedereröffnung der Budapester Oper nach fünfjähriger Renovierung hat János Áder, Ungarns aus dem Amt scheidender Staatspräsident, ein historisches Urteil von Kaiser Franz Joseph zitiert, das seinerzeit nicht frei von Neid gewesen sein dürfte: Wien hat das größere Opernhaus, Budapest das schönere. Das denkmalgeschützte Gebäude im Neorenaissance-Stil an der Andrássy út, einer Prachtstraße von Pest, kann sich in der Tat sehen lassen. Dass es sich auch wieder hören lassen kann, wurde jetzt bei den Eröffnungsfeierlichkeiten deutlich, zu denen zwei Generalproben für die an der Renovierung beteiligten Arbeiter, eine Gala und zwei Aufführungen gehörten – Ferenc Erkels heroische Oper „Hunyadi László“ und Kenneth MacMillans Liszt-Ballett „Mayerling“.
Im Jahr 1984, als man nach der letzten Renovierung des Opernhauses den Spielbetrieb wieder aufnahm, wurde die gigantische Summe, die die Arbeit damals verschlungen hatte, nahezu wie ein Staatsgeheimnis gehütet: Eineinhalb Milliarden Forint, umgerechnet etwa vierzig Millionen Euro, wollte man zu jener Zeit offenbar nicht lauthals verkünden. Heute dürfen die hundertfünfzig Millionen Euro für die Runderneuerung des Prachtbaus von Miklós Ybl mit breiter Brust genannt werden.
Bis heute kein Platz im internationalen Repertoire
Budapest lässt sich seine Kultur auch sonst etwas kosten. Im vorigen Jahr wurde das Areal um das Millenniumsdenkmal am Heldenplatz um ein architektonisch spektakuläres Neues Ethnographisches Museum erweitert. Vor wenigen Wochen wurde das Ungarische Haus der Musik eingeweiht. Auch die Eiffel Art Studios in einer ehemaligen Wartungshalle der Eisenbahn, die dem Opernhaus während der Renovierung als Ausweichstätte dienten und künftig als Studiobühne, Werkstatt und Fundus genutzt werden, gehören zu den neuen Kulturinitiativen.
Das Budapester Opernhaus ist ein Schmuckstück der Gründerzeit Ungarns in stilistischer Nähe zur Wiener Staatsoper und zum Prager Nationaltheater. An architektonischer Eleganz und Detailverliebtheit des Dekors übertrifft es seine baulichen Konkurrenten bei Weitem. Für die Aufführungen wichtiger sind jedoch die Veränderungen und Erneuerungen der Bühnenmaschinerie mit ihren noch aus der DDR stammenden Hebe- und Senkvorrichtungen, des Orchestergrabens und des hufeisenförmigen Zuschauerraumes mit seiner Kombination aus Rängen und Logen. Der frühere Orchestergraben war aus Platzgründen teilweise unter die Bühne gelegt und mit einer Betonwand abgetrennt worden, was dem Klang nicht gerade förderlich war. Jetzt hat man – um den Preis von zweihundert Sitzplätzen – den Graben wieder nach vorne verlegt, die Betonwand durch vibrationsfreudigeres Material und die Sitzreihen im Parkett mit bequemen, viel Beinfreiheit lassenden Sesseln ersetzt. Das alles verleiht dem Raum mit seinen eintausend Plätzen einen intimen Charakter und zugleich eine Präsenz des Klangs, wie sie eher für kleinere Häuser oder Kammermusiksäle typisch sein mögen und das Publikum stärker in das musikalische Geschehen von Bühne und Graben einbinden.