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Salzburger Osterfestspiele : Da grinst die eiskalte Elsa

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Sicherlich muten Wieler, Viebrock und Morabito mit ihrer kräftig gegen gewohnte Rezeptionsweisen gebürsteten Inszenierung den Besuchern einiges zu. Sie rechnen bei ihnen nicht nur mit überdurchschnitt­licher Librettokenntnis, sondern eben auch mit einem Platz in den ersten Reihen und wachem Geist fürs analytische Detektieren von Details. Dass ein Großteil des Publikums daran keine Freude hat, kann man ihm kaum verübeln.

Christian Thielemann gibt indessen am Pult der Sächsischen Staatskapelle Dresden den leibhaftigen Gralsritter – und einen radikalen gleich noch mit dazu, alles zur Steigerung eines Rauschs, dem man sich gerne hingibt. Jubelstürme auch für Martin Gantner für seine Rollenstudie des verzweifelten Telramund, zu dem der Regie neben Fäusteballen und einer etwas pein­lichen Amoklauf-Szene ohne Tote sonst nichts eingefallen ist. Elena Pankratovas Ortrud hat Kraft und Farbe; auch sie wird mit kräftigem Applaus bedacht. Eric Cutler ist hingegen als Lohengrin nur vielversprechend. Zu sehr stenografiert er seine Partie, bietet dafür aber hohe Textverständlichkeit. Auch Jacquelyn Wagner als Elsa muss zumindest noch stimmlich in die Rolle hineinwachsen. Ihr Sopran ist zu zart und noch zu leicht, als dass sie über die lauten Orchesterstellen hinaustönen könnte. Tadellos sind die drei Chöre, deren musikalische Leiter André Kellinghaus (Staatsopernchor Dresden), Christiane Büttig (Bachchor Salzburg) und Carl Philipp Fromherz (Chor des Salzburger Landestheaters) als missgedeutetes Regieteam einige Buh-Rufe abbekamen.

Mit „Lohengrin“ steht Thielemann zum letzten Mal als Künstlerischer Leiter am Pult bei den Osterfestspielen. In acht regulären Festivalausgaben dirigierte er neben Wagner auch überraschend viel italienisches Repertoire, darunter Verdis „Otello“ und Puccinis „Tosca“. Eine geplante „Turandot“ kam pandemie­bedingt ebenso wenig zustande wie eine Neuproduktion von Verdis „Don Carlo“. Er verlässt Salzburg auf dem Zenit seines Erfolgs und hinterlässt dem neuen starken Mann an der Salzach, Nikolaus Bachler, eine Herkulesaufgabe. Ob dessen Konzept, jedes Jahr ein anderes Spitzenorchester zu Ostern nach Salzburg zu locken, aufgeht, muss sich erst zeigen. Denn ob im kommenden Jahr das Publikum bereit ist, 490 Euro pro Karte für Romeo Castelluccis fragwürdige „Tannhäuser“-Produktion hinzublättern, die bereits 2017 an der Bayerischen Staatsoper durchfiel, ist zumindest fraglich. In der Titelpartie wird Jonas Kaufmann sein Debüt geben. Daneben sind Marlis Petersen als Elisabeth und Elīna Garanča angekündigt. Am Pult des Leipziger Gewandhausorchesters wird Andris Nelsons stehen.

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