Frank-Patrick Steckel wird 80 : Didaktiker der Moral
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Einer für die Moral: Frank-Patrick Steckel Bild: Ullstein
Eher schwerblütig als leichtfüßig, eher didaktisch als verführerisch – und doch eine Hausnummer in der bundesrepublikanischen Theatergeschichte: zum 80. Geburtstag des Regisseurs und Übersetzers Frank-Patrick Steckel.
Mit Bertolt Brecht ist er von Anfang an verbunden gewesen: Der wurde 1898 in Augsburg geboren, und am selben Tag, jedoch 45 Jahre später, kam Frank-Patrick Steckel in Berlin zur Welt.
Und schon seine erste große Inszenierung führte ihn in den Nachwirkungskreis des epochemachenden Dramatikers. Denn Steckel, der in Hamburg und Berlin ein paar Semester Germanistik, Literatur- und Theaterwissenschaft studiert hatte, ehe ihn nach einigen Regieassistenzen Theaterleiterin Ida Ehre als Regisseur an die Hamburger Kammerspiele engagierte, wurde 1970 Regie- und Dramaturgieassistent an der neu gegründeten Schaubühne am Halleschen Ufer in Berlin. Eröffnet wurde diese mit Brechts Stück „Die Mutter“, nach dem Roman von Maxim Gorki entstanden und hier mit Therese Giehse in der Titelrolle spektakulär besetzt. Die Regie lag in den Händen von Wolfgang Schwiedrzik, Peter Stein und eben Frank-Patrick Steckel.
Eine deutsche Tragödie
An der Schaubühne erarbeitete er dann weitere Werke von Brecht und auch Heiner Müller, mit denen er mehrfach zum Berliner Theatertreffen eingeladen wurde. 1978 wurde er Oberspielleiter in Bremen, ehe er 1986 als Nachfolger von Claus Peymann das Schauspielhaus Bochum übernahm. Mit einer Mischung aus bekannter und unbekannter Dramatik und einer hohen Frequenz an Neuinszenierungen konnte er den Ruf des Hauses auf seine Art ausbauen.
Schwieriger wurde es für Steckel, nachdem er 1988 in eigener Regie „Winterschlacht“ von Johannes R. Becher herausgebracht hatte, „eine deutsche Tragödie“ des expressionistischen Dichters und seit 1954 ersten DDR-Kulturministers: „Das war wohl mein Sündenfall in den Augen der meinungsmachenden Presse“, sagte er 1995, als er seinen Vertrag gekündigt hatte, weil das Tanztheater von Reinhild Hoffmann am Schauspielhaus aus finanziellen Gründen aufgelöst worden war.
Lieber Moral als Amüsement
Von nun an war Frank-Patrick Steckel als freier Regisseur unterwegs und inszenierte als linker Freigeist politisch-pragmatisch weiter. Das Rampenlicht lockte den erprobten Vertreter der Achtundsechziger-Generation nie, er hielt sich uneitel im Hintergrund, folgte einem aufklärerischen Regiestil, der – eher schwerblütig als leichtfüßig, eher didaktisch als verführerisch – lieber nach Moral als nach Amüsement suchte.
2011 zeigte der gesellschaftspolitisch stets engagierte Steckel am Schauspiel Leipzig sein eigenes Stück „Antworten an Deutschland“, das im Stil einer komplex verschachtelten Textcollage die Bundesrepublik kritisch durchleuchtete. Auf die Frage, wie oft er während der Probenarbeit an sein Publikum denke, sagte er in einem Interview 2003: „Jede Sekunde. Ich möchte ein klares, humanes, bewusstes und geistvolles Verhältnis zwischen Schauspieler und Zuschauer etablieren.“
Unbestrittene Verdienste erwarb sich Frank-Patrick Steckel mit mehr als einem Dutzend hoch gelobter Shakespeare-Übersetzungen. Seine Tochter Jette aus der Ehe mit der Bühnenbildnerin Susanne Raschig ist ebenfalls Regisseurin geworden. Heute wird Frank-Patrick Steckel achtzig Jahre alt.