Willy Decker wird 70 : Bis in die Fingerspitzen
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Willy Decker Bild: dpa
Mit seiner Inszenierung von Verdis „La Traviata“ machte er Anna Netrebko und Rolando Villazón zu Stars. Doch er selbst liebt die Stille der Zen-Meditation. Jetzt wird der Opernregisseur Willy Decker siebzig Jahre alt.
Dem Opernregisseur Willy Decker, der am heutigen Dienstag seinen siebzigsten Geburtstag feiert, geht es nicht lediglich darum, den Inhalt eines Stücks nachzuerzählen. „Klarheit ist etwas, um das ich mich sehr bemühe,“ meinte er in einem Kommentar zu seiner Inszenierung von Giuseppe Verdis „La Traviata“ bei den Salzburger Festspielen 2005, und das meint vor allem, dass in der Erzählung „starke Charaktere“ erkennbar werden sollten. Die Klarheit der Erzählung und die Stärke der Charakterzeichnung machten Deckers Inszenierung der Geschichte um die temperamentvolle, lebenshungrige Violetta Valéry zu einem der größten Erfolge der Salzburger Festspiele – und die beiden Darsteller Anna Netrebko und Rolando Villazón zu Stars.
Bei Decker sehe man eine „sensible, bin in die Fingerspitzen hinein entwickelte Körpersprache,“ schrieb Stephan Mösch in dieser Zeitung über eine andere Decker-Inszenierung, Leos Janáceks „Jenufa“ an der komischen Oper Berlin 2003. Diesen Sinn für das kleinste Details eines Ablaufs teilt er mit Robert Wilson und gelangt oft zu ähnlich minimalistischen Ergebnissen wie sein amerikanischer Kollege. Durch Genauigkeit und Reduktion will Decker die Konzentration auf die „psychologische Seite des Stückes“ lenken. Das muss Temperament und Bewegung, wie bei der „Traviata“, nicht ausschließen. Aber Decker kann darauf verzichten, wenn es die Musik legitimiert. In seiner Sicht auf „Tristan und Isolde“ hält er die Protagonisten über weiteste Strecken fast in Bewegungslosigkeit, fixiert die beiden in einem derart statischen Bild, dass selbst die kleinste Regung zum Ereignis wird.
Diese Energie aus Disziplin, Einkehr und Ruhe gewinnt Decker, ausgebildeter Geiger und Sänger sowie Geisteswissenschaftler, aus seiner nun über zwanzig Jahre währenden Beschäftigung mit dem japanischen Zen-Buddhismus. Als praktizierender Buddhist nimmt er sich immer wieder Phasen des Rückzugs, um mit seinem langjährigen Lehrmeister zu arbeiten. Danach kann es weitergehen beim künstlerischen Langstreckenlauf, auf dem Willy Decker zu einem der weltweit bekanntesten und erfolgreichsten deutschen Regisseure wurde und der ihn noch immer an die wichtigen Orte der weltweiten Opernszene führt.