Das Natürliche ist das Chaos
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Wehmut: Bibiana Beglau (links), Michael Maertens und Katharina Lorenz als Ehepaar Bild: Matthias Horn/Ruhrtriennale 2022
Beziehungen funktionieren einfach nicht: Bei der Ruhrtriennale in Bochum inszeniert Barbara Frey „Das weite Land“ von Arthur Schnitzler. Sie und das großartige Ensemble zeigen, warum uns dieser Dichter noch heute packt.
Als in der dritten Reihe eine alte Frau das Bewusstsein verliert, als sie nach vorn kippt und ihre Sitznachbarn sich besorgt über sie beugen, da hält er inne. Schaut mit stiller Traurigkeit auf das Geschehene – wartet einen Augenblick. Schweigt ein paar Sekunden, bevor er flüstert, was nicht im Text steht und aus seinem Mund doch klingt wie eine zentrale Zeile: „Ein Arzt, vielleicht?“
Das ist kein Befehl, das ist eine vorsichtige Frage. Denn ob ein Mediziner bei dem helfen kann, was hier geschieht, was sowohl im Zuschauerraum als auch auf der Bühne gerade leidvoll erfahren wird, kann niemand so recht sagen. Das Altern ist ein „einsamer Weg“, heißt es bei Arthur Schnitzler an anderer Stelle, und auch sein Theaterstück „Das weite Land“ handelt im Grunde von nichts anderem: Wie ein Leben langsam zur Neige geht, wie ein Körper seine Kraft verliert, ein Geist sich zerstreut.
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