Theater des Nachhalls
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Brigitta Muntendorfs „Trilogie“ für zwei Pianisten und Elektronik lebt von humorvollen Doppeldeutigkeiten. Das Grau-Schumacher Piano Duo hat sie jetzt auf CD aufgenommen.
Vor fast dreißig Jahren nahmen Andreas Grau und Götz Schumacher, noch als Studenten, „Mantra“ für zwei Klaviere und Elektronik von Karlheinz Stockhausen auf. Bis heute hält die dadurch ausgelöste Begeisterung der Pianisten für die klangliche Erweiterung der Klaviere an. Sie sei fast zu einem „dritten Mitspieler“ geworden, erklärt Grau, seit sich die Elektronik von algorithmisch gesteuerten Zufallsprozessen zunehmend befreie. Unter Komponisten spricht sich dies herum: Philippe Manoury etwa widmete dem Grau-Schumacher Piano Duo sein knapp einstündiges Fresko „Le temps, mode d’emploi“. Seine jüngste Einspielung brachte dem Duo soeben den Vierteljahrespreis der deutschen Schallplattenkritik ein: die „Trilogie für zwei Flügel“ von Brigitta Muntendorf, zwischen 2014 und 2018 ebenfalls für Grau-Schumacher entstanden. Der Titel ist reines Understatement, denn mithilfe von Live-Elektronik und Zuspielungen sprengt diese „Trilogie“ die musikalischen Grenzen in alle Richtungen, spielt mit Text und Musik, ist zugleich akustisches Theater, Hörspiel, Performance, Klanginstallation und erzeugt aus sich heraus noch ein filmisches Nachspiel, das „Theater des Nachhalls“. Auf einer Blu-Ray für die bestmögliche Wiedergabequalität liegt es der Audio-CD bei. Aber auch als Aufnahme ist die „Trilogie“ ein diskophiles Gesamtkunstwerk aus Komposition, Interpretation, Produktion – SWR Experimentalstudio, WDR und Warped Type – und Edition bei dem Einmann-Label bastille musique von Sebastian Solte.
Beim Hören der CD rätselt man ständig, wie diese Klangereignisse aus den präparierten Klavieren zustande kommen, jene nachzitternden Geräusche, die stumpfen Tritte, die metallischen Einsprengsel im hölzernen Untergrund, die elektronischen Eröffnungsschläge der „Trilogie.“ Da ist man auf das instruktive Booklet von Dirk Wieschollek angewiesen: Kontaktmikrophone auf der Brust für Bodypercussion, zwei Holzkästchen als zusätzliche Pedale, Tischtennisball und Gummihammer für das Innere der Instrumente. Das dies eine maschinelle Angelegenheit wird, verhindert Brigitta Muntendorf mit Sprache – und Humor.
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