
Bernd Loebe : Lebwohl, Tirol!
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Bernd Loebe in seinem Frankfurter Büro Bild: Frank Röth
Als es den Tiroler Festspielen Erl 2018 schlecht ging, hat Bernd Loebe sie gerettet, indem er deren Leitung übernahm. Jetzt soll er sich auf seine eigene Nachfolge bewerben. Das lässt er sich nicht bieten.
Die Tiroler Festspiele in Erl stehen eigentlich gut da. Diesen Sommer wird Brigitte Fassbaender ihre Regie in Richard Wagners „Ring des Nibelungen“ zu Ende schmieden, dazu gibt es die immer noch zu selten gespielten, weise-traurigen „Königskinder“ von Engelbert Humperdinck. Und kommenden Winter soll der Spielplan, der sich von der öden Carmen-Traviata-Tosca-Routine wohltuend abhebt, mit „Schneeflöckchen“ von Nikolaj Rimski-Korsakow, dem Meisterdenker der Märchenoper, fortgesetzt werden. Der künstlerische Leiter Bernd Loebe, zugleich Intendant der Oper Frankfurt, plant sogar zum Jahreswechsel einen kleinen Russland-Schwerpunkt, ganz bewusst in Zeiten des Krieges, denn, so Loebe: „Das ist Hochkultur par excellence. Nur weil die da oben es nicht schaffen, die Welt mit ihren Ideen in Einklang zu bringen, darf die Kultur nicht einknicken.“
So könnte es auch in Erl weitergehen. Loebe fehlt es weder an Lust noch an Kraft oder an Ideen. Aber bei der Programmvorstellung am Donnerstag erklärte er, nach 2025 für die Leitung der Festspiele in Erl nicht mehr zur Verfügung zu stehen. Er denke nicht daran sich mit siebzig Jahren in einem offenen Verfahren um die Verlängerung seines Vertrages zu bewerben: „Ich habe mich, glaube ich, im Alter von 27 Jahren das letzte Mal beworben.“ Man traut seinen Augen und Ohren nicht. Bernd Loebe, der den Tiroler Festspielen im Herbst 2018 das Leben rettete, als er sehr kurzfristig dort die Leitung übernahm, nachdem das Ansehen weltweit ramponiert war, weil Loebes Vorgänger sich besonders Frauen gegenüber unziemlich benommen haben soll, Bernd Loebe also sollte sich auf seine eigene Nachfolge in einem offenen Verfahren bewerben? Mit Lebenslauf, Bewerbungsgespräch und unter der Maßgabe, dass „bei gleicher Eignung Frauen bevorzugt“ einzustellen wären?
Das Vorgehen ist nicht nur kränkend, sondern unüblich. Normalerweise wird mit Inhabern von Intendanzen und Musikdirektionen vor Ablauf des Vertrages über eine Verlängerung verhandelt, oder man einigt sich, ihn fristgemäß auslaufen zu lassen. Der Festspielpräsident Hans Peter Haselsteiner hätte durchaus gern mit Loebe weitergearbeitet. Aber im Vorstand der Festspiele, so ist aus dem Umkreis der Bundes-Kulturstaatssekretärin Andrea Mayer (Die Grünen) zu hören, habe man sich entschieden, keine Gespräche mit Loebe zu führen, sondern die Stelle auszuschreiben. Österreichs Bundesregierung und die Tiroler Landesregierung gehören zu den Hauptsubventionsgebern der Festspiele. Offenbar passen ihnen Loebes Programm und Person nicht. Eine Politik zeigt sich hier, der Verdienste von gestern nichts gelten, weil sie von künstlerischer Qualität andere Begriffe hat. Wenn überhaupt.