Es waren einmal ein Körper und eine Seele
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Szene aus einem Pas-de-deux-Training am Queensland Ballet Bild: AFP
Wenn zwei sich einig sind, ihre Energie zu bündeln, entsteht Außergewöhnliches: Doch es scheint, dass die Zeit des Pas de deux vorbei ist. Die jungen Frauen, die heute tanzen, gehören einer Generation an, der die Idee nicht einleuchtet.
Wenn das Solo im Tanz das Schwierigste ist – alle Augen richten sich ohne jede Ablenkung auf Füße, Beine, Arme, Hände, Torso, Gesicht des einsamen Tänzers – dann ist der Pas de deux das Unwahrscheinlichste. Aus der oft widerstrebenden Verbindung zweier Solituden muss etwas Gemeinsames, Größeres entstehen, das so in beider Vorstellungskraft nicht vorhanden war. Dieses Überraschungsmoment überträgt sich als Glückserfahrung zweier Komplizen auf das Publikum. Plötzlich spüren alle im Theater, welche Macht von der Bühne, dem „monstre sacré“ ausgehen kann, wenn zwei sich darin einig sind, diese ungeheure Energie zu bündeln.
Der feierlichen Virtuosität fehlt eine Gegenmacht
Nur außergewöhnlichen Verbindungen gelingt es, solche Momente entstehen zu lassen. Doch Ausnahmepartnerschaften wie die von Margot Fonteyn und Rudolf Nureyev, Mikhail Baryshnikov und Gelsey Kirkland, Richard Cragun und Marcia Haydée, Diana Vishneva und Marcelo Gomez, deren Pas de deux in den vergangenen Jahrzehnten das Publikum der Tanzwelt von den Sitzen rissen, scheinen bereits einer anderen Ära anzugehören. Nicht wenige dieser erfolgreichen Teams bestanden aus einer älteren Ballerina und einem jüngeren Partner. Die jungen, muskelbepackten, sprunggewaltigen Tänzer gibt es noch, im Moment besser denn je ausgebildet, ambitioniert, willensstark und charismatisch. Die Ballerinen, die sie bräuchten, um ihrem Testosteronspiegel jene geheimnisvollen Substanzen an Zivilisiertheit, Sanftmut, Abwartenkönnen zu injizieren, sind nicht in Sicht. Es gibt phantastische Tänzerinnen, aber dass sie sich hinreißen lassen würden, dass sie ihr Körperwissen, ihre emotionale Kraft als Interpretinnen geben möchten, um zu empfangen, das steht ihnen nicht ins Gesicht geschrieben. Genauso wenig, dass sie eine Ahnung davon hätten, wie sehr ihrer solistischen Grandezza, ihrer solemnen Virtuosität eine Gegenmacht fehlt, die ihre ganze Tanzerfahrung durch die Decke gehen lassen würde.
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