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Julia Encke, Redakteurin im Feuilleton der F.A.S.

Zukunft des ilb : Nach dem Rücktritt

  • -Aktualisiert am

Noch bis zum 31. März 2023 im Amt: Der Gründer und Leiter des Internationalen Literaturfestivals Berlin Ulrich Schreiber. Bild: dpa

Das wichtigste Literaturfestival Berlins braucht eine neue Leitung. Es steht viel auf dem Spiel. Erste Namen werden schon gehandelt.

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          „Als ich im August 1998 das Erlanger Poetenfest besuchte, fragte ich mich: ,Warum gibt es in Berlin kein Literaturfestival?‘ Es war mir eine große Freude und Ehre, die Idee für dieses Projekt mit Leben zu füllen“, schrieb Ulrich Schreiber, Gründer und Leiter des Internationalen Literaturfestivals Berlin (ilb), Anfang dieser Woche in seiner Rücktrittserklärung. Das Auffälligste an der Erklärung war, dass er einen Grund für den Rücktritt darin nicht nannte. Schreiber wandte sich in einer Art Danksagung an Autoren und Weggefährten. Er gab sich keine Mühe, hier als derjenige aufzutreten, der, nach 22 Jahren, in denen er das Festival geleitet hatte, diese Leitung nun an eine neue Generation weitergeben wolle. Das verstärkte den Eindruck, dass er gar nicht gehen wollte, sondern da vielmehr etwas nachgeholfen worden war. Das auf den Rücktritt folgende Statement der Kulturstaatsministerin Claudia Roth las sich dementsprechend: „Mit großem Respekt habe ich zur Kenntnis genommen, dass Ulrich Schreiber sich von der operativen Leitung des ilb zurückzieht“, sagte sie. Von „Bedauern“ keine Spur.

          Dafür gibt es Gründe. Nach dem Ende des letzten Festivals waren Vorwürfe gegen Schreiber bekannt geworden. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter seines Teams hatten sich in Mails an die Berliner Senatsverwaltung für Kultur und an Claudia Roth gewandt und sich über den Führungsstil Schreibers beklagt. Von „Aggressivität, Respektlosigkeit, Misstrauen und Unprofessionalität“ war die Rede, aber auch von „Machtmissbrauch“ und einem „toxischem Arbeitsklima“. Eine Supervision fand statt, von der Schreiber – wie er auf Rückfrage der F.A.S. sagt – glaubte, sie sei gut verlaufen. Eine Doppelspitze des Festivals sei auch angedacht gewesen, sagt er, „wie bei der Berlinale“. Doch stand er mit dieser Einschätzung offenbar alleine da.

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