Als man absolut modern sein wollte
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Wie an der Côte d’Azur: Die damals wie heute mondäne Sonnenring-Siedlung im Süden Frankfurts. Bild: Georg Dörr/Junius Verlag
Die Schönheit der Betonmoderne: Wilhelm Opatz versucht am Beispiel von Frankfurt eine Ehrenrettung der Architektur der siebziger Jahre.
Offenbar ist der fünfzigste Geburtstag ein schwieriger Moment auch im Leben von Gebäuden: Selten droht die Abrissbirne heftiger als in diesem Moment. Bundesweit drohen Bauten der Betonmoderne zu verschwinden, die um 1970 errichtet wurden: In Berlin der wie an ein Kriegsschiff aus einem dunkelschönen Fantasy-Film erinnernde „Mäusebunker“ und das Hygiene-Institut der Charité, das aussieht wie eine Virologen-Philharmonie; in Potsdam das Rechenzentrum, einer der frühesten Bauten einer deutschen Digitalmoderne – und auch in Frankfurt wurde nicht nur der Abriss des Technischen Rathauses mit Applaus bedacht.
Dass man sich für einige Bauten dieser Epoche der Mondlandung und ihren Betonoptimismus auch zu Recht begeistern kann, zeigen Initiativen wie „SOS Brutalismus – Rettet die Betonmonster!“ und das gerade im Junius Verlag erschienene Werk „Frankfurt 70–79“, ein von dem Grafiker und Architekturkritiker Wilhelm Opatz herausgegebener, opulent fotografierter Bildband mit erhellenden Begleittexten. Wer je daran Zweifel hatte, dass moderner Massenwohnungsbau auch schick sein kann, bekommt hier Bilder eines Hauses zu sehen, auf dessen großen Dachterrassen Pinien wachsen und japanische Ahornbäume. Die Markisen sind gelb, orange und rot und verwandeln die Fassade in eine Art abstraktes Pop-Art-Kunstwerk, und auch sonst wurde an nichts gespart – Treppenhäuser aus Marmor, Hallenbad, orange Kacheln, pneumatische Abfallbeseitigungsanlage.
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