Japanisch-Deutsches Wörterbuch : Die drei Pfeiler der Brücke nach Nippon
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Reicht auf Japanisch der Sake für einen ausreichenden Rausch? Bild: AFP
Aus geplanten fünf Jahren wurde ein Vierteljahrhundert. Jetzt ist das neue „Große japanisch-deutsche Wörterbuch“ abgeschlossen: eine Momentaufnahme der Sprache, aber doch auch ein episches Unterfangen.
Wenn sich die Sprache wandelt, das heißt, mit der Zeit geht, altert sie dann eigentlich? Verjüngt sie sich? Menschen, die fern ihres Vaterlandes leben, müssen sich jedenfalls bei Besuchen in der Heimat oft anhören, ihre Muttersprache wäre von gestern. Mit Wörterbüchern verhält es sich ähnlich. So kann es zwischen all den Sprachen der Welt passieren, dass der nach Bedeutung fremder Worte Suchende etwas nachschlagen will und eine unfreiwillige Zeitreise von mehreren Jahrzehnten unternimmt – manchmal ins Nichts.
Als in dieser Zeitung im September 1997 vom Vorhaben der Zusammenstellung eines neuen umfangreichen japanisch-deutschen Wörterbuchs berichtet wurde, war die erste Auflage des damals aktuellen Standardwerks, des „Großen Japanisch-Deutschen Wörterbuchs“ von Kinji Kimura, kurz „der Kimura“, bereits sechzig Jahre alt. Vergleichsweise moderne Wörter wie Pflegeversicherung (kaigo-hoken) oder Fernbedienung (rimokon, angelehnt ans englische „remote control“) waren im Kimura seinerzeit nicht zu finden. Das waren aber nur zwei von vielen Gründen dafür, dass sich vor 25 Jahren am Deutschen Institut für Japanstudien (DJI) in Tokio eine Gruppe von Experten entschloss, ein zeitgemäßeres Wörterbuch für japanisch-deutsche Sprachvermittlung zusammenzustellen. Der letzte Band, „O – Z“, dieses Jahrhundertprojektes ist jetzt veröffentlicht worden.
Ursprünglich war das Vorhaben auf fünf Jahre angelegt
Doch das neue „Große japanisch-deutsche Wörterbuch“ hat einen steinigen Weg hinter sich. Nachdem der erste Band im Jahr 2009 publiziert wurde, hieß es, man wolle die Bände, die den dreifachen Umfang des Kimura erreichen sollten, bis Ende 2015 vorlegen. Doch das Projekt war gefährdet. Bereits 2008 wurde bekannt, dass das DJI die Finanzierung des Wörterbuchs nicht mehr fortsetzen wollte. Gerettet wurde es unter anderen durch die Japanologin und Mitherausgeberin Irmela Hijiya-Kirschnereit, die das Projekt von 2012 bis 2018 an die Freie Universität Berlin umsiedelte, durch Peter K. Kapitza, den Inhaber des Iudicium Verlags, der das Vorhaben mit Eigenmitteln fütterte, und durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft und Förderer, die es mit Spenden unterstützen. Gerettet aber vor allem, weil der Mitherausgeber Jürgen Stalph als zentrale Figur und die zahlreichen Mitarbeiter sich nicht haben irremachen lassen. Sieben Mal hinfallen, acht Mal aufstehen (nana korobi, ya oki), lautet ein japanisches Sprichwort.
Jürgen Stalph erinnert sich: „Das Projekt hat mit der Schaffung einer einzigen neuen Stelle am DJI begonnen: meiner. Das sollte gewährleisten, dass alle angestammten wissenschaftlichen Aufgaben des Instituts ohne Bindung weiterer Kräfte uneingeschränkt weiter wahrgenommen werden können.“ Überhaupt sei es hart, solche wissenschaftlichen Langzeitprojekte auf den Weg zu bringen: „Im DJI ist es kaum möglich gewesen, über fünf Jahre hinaus zu planen, sodass ständig Folgeanträge geschrieben, neuerlich die Notwendigkeit begründet, der gute Verlauf bewiesen, die Langsamkeit des Voranschreitens bestritten werden musste.“ Aus diesen Gründen war es auch schwierig, fähige Leute anzuwerben. „Einerseits sind Jahres- oder gar Werkverträge von wenigen Monaten Dauer kaum lukrativ, andererseits sind gut ausgebildete Philologen, Linguisten, Lexikographen mit den entsprechenden Japanischkenntnissen rar“, sagt Stalph.