Sind wir etwa doch keine Algorithmen?
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Verschiedene Querschnitte von Kupferkabeln bei der Hannover Messe am Stand von ConCab (Symboldbild) Bild: dpa
Verteidigung der natürlichen Intelligenz: Der Psychiater und Philosoph Thomas Fuchs weist den körperlosen Visionen der Transhumanisten eklatante Denkfehler nach.
Der Glaube daran, dass Computer demnächst ein Bewusstsein entwickeln werden und uns Menschen dann sagen, wo’s langgeht, hat sich außerhalb des Silicon Valley noch nicht allgemein durchgesetzt. Intuitiv scheint sich irgendetwas gegen die Vorstellung zu sträuben. Aber wenn man den Glauben in dessen einzelne Bestandteile zerlegt, stößt man auf lauter Annahmen, die durchaus auf breites Einverständnis zählen dürften: Den Menschen mache im Wesentlichen aus, was in seinem Gehirn vorgeht; Gehirntätigkeit sei Informationsverarbeitung; Informationen seien Daten. Aus diesen Elementen lässt sich dann im Umkehrschluss ohne weiteres folgern: Wenn es nur gelingt, genauso viel Daten zusammenzubringen wie das menschliche Gehirn (manche Verfechter der Künstlichen Intelligenz rechnen mit 10 hoch 16 Operationen pro Sekunde), kann Bewusstsein künstlich erzeugt werden, das dann in der Lage ist, sich selbständig zu machen. Es ist eine eigentümlich abstrakte, entmaterialisierte Welt, in der solche Planspiele ihren Schauplatz haben – eine Welt jedoch, die um so mehr an Plausibilität gewinnen dürfte, je vollständiger auch die Alltagswelt über das Smartphone in Daten eingetaucht ist.
Für gewöhnlich bekommen auf dem Markt vor allem solche Bücher Aufmerksamkeit, die derartige Spekulationen beim Nennwert nehmen und zu Epochenbrüchen hochrechnen. Der Historiker Yuval Noah Harari zum Beispiel hatte viel Erfolg mit seinem Titel „Homo Deus“, in dem er angesichts der neuen technischen Verheißungen nicht nur den Humanismus und den Individualismus, sondern auch gleich den Menschen selbst zu einer Sache der Vergangenheit erklärte: „Homo sapiens ist ein obsoleter Algorithmus“. Deshalb fällt das neue Buch von Thomas Fuchs, das bei Suhrkamp unter dem etwas großräumigen Titel „Verteidigung des Menschen“ erschienen ist, etwas aus dem Rahmen.
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