Neuer Suhrkamp-Verleger : „Wir haben keine Angst vor Misserfolgen“
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Als Vorsitzende des Aufsichtsrats der Verlage ist sie auch in Zukunft in einer entscheidenden Position. Auch darüber hinaus verbindet uns sehr viel: Einvernehmen, Verlässlichkeit, Vertrauen, um weniges zu nennen. In den letzten Jahren haben wir anstrengende und teilweise dramatische Zeiten zusammen durchgestanden. Sie hat mich in den Verlag geholt, und ich habe ihr viel zu verdanken.
Wie wird die Zusammenarbeit zwischen Vorstand und Aufsichtsrat aussehen?
Der Aufsichtsrat, bestehend aus Rachel Salamander, Sylvia Ströher und Ulla Unseld-Berkéwicz, kontrolliert, berät und schaltet sich auch ein, wenn die Wellen einmal zu hoch schlagen sollten. Das verlegerische Alltagsgeschäft aber ist nicht die Aufgabe des Aufsichtsrats.
Das ist die Aufgabe des Vorstands. Und es gibt eine neue Geschäftsleitung. Welche Aufgaben hat sie?
Im Kreis der erweiterten Geschäftsleitung, der Raimund Fellinger, der Cheflektor, Tanja Postpischil, die Unternehmenssprecherin, und der künftige kaufmännische Leiter angehören, sollen strategische und grundsätzliche Fragen der Arbeit des Verlags diskutiert und entschieden werden.
Und wie sehen die Eigentümerverhältnisse nach dem Einstieg der Familie Ströher jetzt aus?
Die Mehrheit der Aktien halten die von Ulla Unseld-Berkéwicz geführte Familienstiftung und die Familie Ströher gemeinsam. Die Stimmrechte ihrer Aktien sind dabei vertraglich gebündelt, und in diesem Bündnis verfügt die Familienstiftung über die Stimmrechtsmehrheit.
Glauben Sie, dass Mäzenatentum bei Verlagen künftig eine größere Rolle spielen wird?
Ich glaube, es muss unser Ziel sein, wirtschaftlich so nachhaltig zu handeln, dass der Verlag sich selbst trägt. Und natürlich erwarten dies auch die Eigentümer. Wichtig ist nur, dass sie dies mit dem Maß und der Vernunft derjenigen tun, die ein Verständnis für das Verlegen von Literatur und Wissenschaft haben und wissen, was machbar ist.
Die Medienholding ist nach wie vor Teilhaber des Verlags, jetzt als Großaktionär?
Genau.
Jetzt, da der Konflikt beigelegt ist, gibt es da Überlegungen, sich wieder in eine GmbH zurückzuverwandeln?
Theoretisch ist alles denkbar. Praktisch stellt sich die Frage im Augenblick nicht.
Könnten demnächst Aktien der Suhrkamp AG an der Börse gehandelt werden?
Auf keinen Fall. Nicht jede Aktiengesellschaft ist an der Börse notiert. Der Kreis der Suhrkamp-Aktionäre ist festgelegt, und daran wird sich auch nichts ändern.
Wird es in zehn Jahren noch gedruckte Bücher geben?
Natürlich, das gedruckte Buch erfreut sich großer Beliebtheit. Bei uns gibt es die meisten Bücher auch als eBook, und wir erzielen damit einen Umsatz von fünf Prozent. Schon das zeigt, dass die digitale Entwicklung nicht so explosionsartig stattfindet, wie es vielerorts prophezeit wurde.
Wie geht es dem Verlag heute wirtschaftlich?
Wir haben insolvenzbedingt Verluste in Millionenhöhe hinnehmen müssen. Das haben wir geschafft. Die Existenz des Verlags ist gesichert. Die Familienstiftung und die Familie Ströher haben wesentlich dazu beigetragen. Wir stehen stabil da, aber natürlich müssen wir immer an der Wirtschaftlichkeit arbeiten.
Was heißt das?
Wir müssen profitabel agieren, wie gesagt: so, dass der Verlag sich selbst trägt.
Führt das zu einer Entscheidung, den neuen Krimi von Friedrich Ani zum Spitzentitel zu machen?
Wir veröffentlichen seit Jahren Krimis. Und mit Friedrich Ani haben wir einen großartigen Autor hinzugewonnen. Deshalb haben wir sein Buch entsprechend herausgestellt.
Wollen Sie künftig stärker auf Bestseller setzen?
Das ist ein Marktsegment, das wir nicht als unseren Schwerpunkt sehen. Wir verlegen Bücher, weil wir von ihnen überzeugt sind. Dabei haben wir dann auch keine Angst vor Misserfolgen und trauen uns an Bücher heran, die andere vielleicht nicht verlegen würden. Wenn dann ein Bestseller dabei herauskommt, umso besser: Dass wir allein im Herbst mit zehn Titeln auf den Bestsellerlisten vertreten waren, zeigt, dass das ein guter Weg ist.