Georgische Pen-Kritik : Eine „hektische“ und „undurchdachte“ Entscheidung
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Die Leiterin des Georgian National Book Center, Medea Metreveli, im Ehrengast-Pavillon auf der Frankfurter Buchmesse 2018 Bild: dpa
Auf der Frankfurter Buchmesse hatte das Georgian National Book Center dem Ehrengast noch einen eindrucksvollen Auftritt verschafft. Jetzt ist es aufgelöst worden. Auch der georgische Pen kritisiert die Regierung.
Angekündigt worden war die Maßnahme bereits im Mai, vor wenigen Tagen wurde sie nun umgesetzt: Zwei vormals selbständige Einrichtungen des georgischen kulturellen Lebens wurden durch einen Beschluss der Regierung aufgelöst und in eine neue Organisation überführt: Das Georgian National Book Center (GNBC) und das Schriftstellerhaus Tiflis sind nun in einer neuen „Nationalen Literaturstiftung“ aufgegangen, die beiden früheren Leiterinnen Medea Metreveli und Nata Lomouri haben die Institution verlassen.
Gegen dieses Vorgehen hatten bereits zahlreiche Vertreter deutscher Verlage protestiert, die an die hervorragende Arbeit des GNBC während der Frankfurter Buchmesse des vergangenen Jahres erinnerten, auf der Georgien offizielles Gastland war. Nun hat der georgische Pen-Club an den georgischen Premierminister Mamuka Bachtadse appelliert, die „hektische“ und „undurchdachte“ Entscheidung zurückzunehmen und Schriftsteller, Verleger und andere Experten in Fragen der Literatur in den Prozess mit einzubeziehen. Zugleich verweisen die Unterzeichner auf die laufenden Bemühungen, das traditionsreiche Schriftstellerhaus aus dem Jahr 1905, das einem reichen Geschäftsmann gehörte und zur Zeit der Sowjetunion als Versammlungsort für den Schriftstellerverband diente, zu modernisieren.
Für die georgische Regierung kommen die Proteste in einem ungünstigen Moment. Seit Mitte vergangener Woche finden in Tiflis Demonstrationen statt, die sich zunächst dagegen richteten, dass ein russischer Abgeordneter als Gast im georgischen Parlament eine Versammlung vom Platz des Parlamentspräsidenten und auf Russisch leitete. Das harte Vorgehen der Polizei auf der folgenden Demonstration, bei der mehr als 240 Menschen verletzt wurden, führte dann zu weiteren täglichen Demonstrationen. Gefordert wurde der Rücktritt des Innenministers, der für den Polizeieinsatz verantwortlich sei. Unter den Zugeständnissen, die die Demonstranten inzwischen erreicht haben, ist auch das Versprechen einer Wahlrechtsreform, wodurch die Dominanz der derzeit regierenden Partei „Georgischer Traum“ gemindert werden könnte.
Ob im Zuge dieser Proteste auch die Stimmen gegen die Umgestaltung im kulturellen Bereich eher Gehör finden, bleibt abzuwarten. Kritiker sehen in der Maßnahme einen weiteren Versuch der Regierung, die Kontrolle zu behalten.