https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/buecher/themen/aufloesung-des-georgian-national-book-center-pen-kritisiert-regierung-16259271.html

Georgische Pen-Kritik : Eine „hektische“ und „undurchdachte“ Entscheidung

Die Leiterin des Georgian National Book Center, Medea Metreveli, im Ehrengast-Pavillon auf der Frankfurter Buchmesse 2018 Bild: dpa

Auf der Frankfurter Buchmesse hatte das Georgian National Book Center dem Ehrengast noch einen eindrucksvollen Auftritt verschafft. Jetzt ist es aufgelöst worden. Auch der georgische Pen kritisiert die Regierung.

          1 Min.

          Angekündigt worden war die Maßnahme bereits im Mai, vor wenigen Tagen wurde sie nun umgesetzt: Zwei vormals selbständige Einrichtungen des georgischen kulturellen Lebens wurden durch einen Beschluss der Regierung aufgelöst und in eine neue Organisation überführt: Das Georgian National Book Center (GNBC) und das Schriftstellerhaus Tiflis sind nun in einer neuen „Nationalen Literaturstiftung“ aufgegangen, die beiden früheren Leiterinnen Medea Metreveli und Nata Lomouri haben die Institution verlassen.

          Tilman Spreckelsen
          Redakteur im Feuilleton.

          Gegen dieses Vorgehen hatten bereits zahlreiche Vertreter deutscher Verlage protestiert, die an die hervorragende Arbeit des GNBC während der Frankfurter Buchmesse des vergangenen Jahres erinnerten, auf der Georgien offizielles Gastland war. Nun hat der georgische Pen-Club an den georgischen Premierminister Mamuka Bachtadse appelliert, die „hektische“ und „undurchdachte“ Entscheidung zurückzunehmen und Schriftsteller, Verleger und andere Experten in Fragen der Literatur in den Prozess mit einzubeziehen. Zugleich verweisen die Unterzeichner auf die laufenden Bemühungen, das traditionsreiche Schriftstellerhaus aus dem Jahr 1905, das einem reichen Geschäftsmann gehörte und zur Zeit der Sowjetunion als Versammlungsort für den Schriftstellerverband diente, zu modernisieren.

          Für die georgische Regierung kommen die Proteste in einem ungünstigen Moment. Seit Mitte vergangener Woche finden in Tiflis Demonstrationen statt, die sich zunächst dagegen richteten, dass ein russischer Abgeordneter als Gast im georgischen Parlament eine Versammlung vom Platz des Parlamentspräsidenten und auf Russisch leitete. Das harte Vorgehen der Polizei auf der folgenden Demonstration, bei der mehr als 240 Menschen verletzt wurden, führte dann zu weiteren täglichen Demonstrationen. Gefordert wurde der Rücktritt des Innenministers, der für den Polizeieinsatz verantwortlich sei. Unter den Zugeständnissen, die die Demonstranten inzwischen erreicht haben, ist auch das Versprechen einer Wahlrechtsreform, wodurch die Dominanz der derzeit regierenden Partei „Georgischer Traum“ gemindert werden könnte.

          Ob im Zuge dieser Proteste auch die Stimmen gegen die Umgestaltung im kulturellen Bereich eher Gehör finden, bleibt abzuwarten. Kritiker sehen in der Maßnahme einen weiteren Versuch der Regierung, die Kontrolle zu behalten.

          Weitere Themen

          Bilder von der Front

          Ukraine-Reporter der „Welt“ : Bilder von der Front

          Ein Reporter, der auch für „Die Welt“ arbeitet, soll bei der Bebilderung seiner Artikel zum Krieg in der Ukraine auf fremde Bilder zuückgegriffen haben. Die Zeitung prüft. Zweifel an der Echtheit des Geschilderten gibt es bislang nicht.

          Topmeldungen

          Polizisten unterbinden Protest : Kein Plakat gegen Putin

          Eine Frau demonstriert am 9. Mai mit ihrer ukrainischen Freundin am Sowjetischen Ehrenmal in Berlin-Treptow gegen das Putin-Regime. Zwei Polizisten verhindern, dass sie ihr Anti-Russland-Plakat weiter zeigen kann.
          Wladimir Putin nimmt am 1. Juni online an einem Treffen mit Familien teil, die mit dem Orden für elterlichen Ruhm ausgezeichnet wurden.

          Angriffe auf Russland : Putin, der Präsident im Kokon

          Für Russlands Präsidenten häufen sich die schlechten Nachrichten. Er gibt sich unbeeindruckt. Doch sein Bild der Stärke bekommt immer mehr Risse.
          Demonstrative Transparenz? Boris Johnson im März 2021 während der Corona-Pandemie

          Corona-Ausschuss : Ein freigiebiger Boris Johnson sorgt für Unruhe

          Ein Untersuchungsausschuss in London will alle Akten aus der Corona-Krise prüfen. Der frühere Premierminister Johnson bietet auch seine Whatsapp-Nachrichten an – und sorgt damit für Unruhe.

          Relegation im Liveticker : HSV mit 1:0 noch gut bedient

          Nach nicht mal einer Minute unterstreicht der VfB sein Hausrecht im Hinspiel der Relegation. Dann vergibt Guirassy einen Elfmeter. Wann wacht der HSV auf? Verfolgen Sie das Spiel im Liveticker.

          Newsletter

          Immer auf dem Laufenden Sie haben Post! Die wichtigsten Nachrichten direkt in Ihre Mailbox. Sie können bis zu 5 Newsletter gleichzeitig auswählen Es ist ein Fehler aufgetreten. Bitte versuchen Sie es erneut.
          Vielen Dank für Ihr Interesse an den F.A.Z.-Newslettern. Sie erhalten in wenigen Minuten eine E-Mail, um Ihre Newsletterbestellung zu bestätigen.