Suhrkamp vor Gericht : Die Hängepartie geht weiter
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An diesem Mittwoch hatte des Frankfurter Landgericht über Anträge der beiden Seiten im Streit um den Suhrkamp-Verlag entscheiden wollen, sich gegenseitig als Gesellschafter auszuschließen. Jetzt soll im September weiterverhandelt werden.
Im Kampf um die Macht im Suhrkamp Verlag will das Landgericht Frankfurt den Kontrahenten mehr Zeit für eine außergerichtliche Einigung geben. Die Kammer für Handelssachen vertagte das Verfahren an diesem Mittwoch und verwies auf die Vermittlungsbemühungen. Für eine weitere mögliche Verhandlung wurde der 25. September bestimmt. Diese über sieben Monate geben den Parteien Zeit für weitere Verhandlungen, der Verlag und seine Autoren bleiben damit allerdings weiter im Ungewissen.
Die Gesellschafter sind seit Jahren zerstritten. Auf der einen Seite steht Suhrkamp-Chefin Ulla Unseld-Berkéwicz, die über eine Familienstiftung die Mehrheit von 61 Prozent am Verlag hält. Ihr Kontrahent ist der Hamburger Medienunternehmer Hans Barlach, der mit 39 Prozent an Suhrkamp beteiligt. Vor Gericht erschienen beide nicht. Die Gesellschafter des renommierten Verlags wollen sich gegenseitig ausschließen.
Barlach hatte im Falle des Nichtausschlusses seiner Widersacherin die Auflösung der gesamten Gesellschaft beantragt. Er beharrt auf dem Rücktritt von Suhrkamp-Chefin Unseld-Berkéwicz. Die Verlegerwitwe hat ihrerseits Kampfwillen signalisiert. Vor Gericht erweiterte der Suhrkamp Verlag seinen Antrag und brachte eine Abfindung für Barlach ins Spiel.
Das Landgericht Berlin hat im Dezember bereits Unseld-Berkéwicz als Geschäftsführerin abberufen. Sie habe rechtswidrig für den Verlag Event-Räume in ihrer eigenen Berliner Villa angemietet und den Mitgesellschafter nicht informiert, so die Begründung. Dagegen legte die Suhrkamp-Chefin jedoch Berufung ein.
Der Machtkampf im Suhrkamp Verlag
Im Suhrkamp Verlag schwelt seit mehr als sechs Jahren ein Kampf zwischen den Gesellschaftern. Verlegerin Ulla Unseld-Berkéwicz hält heute 61 Prozent der Anteile, der Unternehmer Hans Barlach den Rest. Inzwischen geht es um die Existenz des traditionsreichen Verlags.
2002: Nach dem Tod von Suhrkamp-Leiter Siegfried Unseld gehen seine Anteile (51 Prozent) an eine Familienstiftung. Diese leitet seine Witwe Ulla Unseld-Berkéwicz. 20 Prozent des Verlags gehören Unselds Sohn Joachim, der Rest (29 Prozent) dem Schweizer Investor Andreas Reinhart.
2003: Unseld-Berkéwicz übernimmt die Geschäftsführung. Es gibt auf vielen Ebenen Streit um Kompetenzen.
2006: Der Medienunternehmer Hans Barlach kauft den 29-Prozent-Anteil des Schweizers Andreas Reinhart gemeinsam mit dem Hamburger Investmentbanker Claus Grossner. Das Geschäft wird gegen den Willen der Verlagschefin ausgehandelt.
2009: Joachim Unseld verkauft seine Beteiligung am Verlag. Sein 20-Prozent-Anteil geht zu gleichen Teilen an die Familienstiftung und Barlachs Medienholding. 2010: Der Verlag verlegt seinen Sitz von Frankfurt (Main) nach Berlin.
2011: Barlach verklagt die Geschäftsführung unter anderem, weil sie Firmengelder veruntreut haben soll. Er wirft Unseld-Berkéwicz vor, mit Geld des Verlags in ihrem Privathaus im Berliner Stadtteil Nikolassee Räume für Lesungen und Autoren zu mieten, ohne ihn als Mitgesellschafter vorher zu fragen.
5. Dezember 2012: Die zerstrittenen Gesellschafter verlangen vor dem Landgericht Frankfurt (Main), sich gegenseitig auszuschließen. Sollte es dazu nicht kommen, müsse der Verlag aufgelöst werden, verlangt Barlach.
10. Dezember: Ulla Unseld-Berkéwicz wird per Gerichtsbeschluss als Geschäftsführerin des Suhrkamp Verlags abberufen. Das Landgericht Berlin setzt damit einen entsprechenden Beschluss der Gesellschafterversammlung vom November 2011 rückwirkend in Kraft. Die Verlegerin soll wegen der Anmietung von Räumen im Privathaus auch 282 500 Euro Schadenersatz an den Verlag zahlen. Sie legt Berufung ein.
13. Dezember: Barlach verlangt eine neue Geschäftsführung.
15. Dezember: Renommierte Suhrkamp-Autoren wie Uwe Tellkamp stellen sich hinter Unseld-Berkéwicz und drohen mit einem Wechsel des Verlags, falls Barlach dort die Macht bekommt.
17. Dezember: Es wird bekannt, dass der frühere Kulturstaatsminister Michael Naumann nach dem Wunsch der Familienstiftung im Streit vermitteln soll. Barlach lehnt ihn als Mediator aber ab. Suhrkamp zeigt sich trotzdem weiter gesprächsbereit.
30. Dezember: Barlach verlangt für eine Mediation den Rückzug der Familienstiftung aus der Geschäftsführung.
4. Januar 2013: Mehr als 160 Wissenschaftsautoren des Suhrkamp Verlags fordern eine gütliche Lösung im Gesellschafterstreit.
10. Januar: In einem Appell ergreifen mehr als 70 renommierte Autoren Partei für Verlegerin Unseld-Berkéwicz.
24. Januar: Die Suhrkamp-Chefin lehnt einen Rücktritt ab.
8. Februar: Barlach beharrt als Voraussetzung für einen Kompromiss auf dem Rückzug der Geschäftsführung.
13. Februar: Das Landgericht Frankfurt vertagt das Verfahren. Es verweist auf die außergerichtlichen Vermittlungsbemühungen und bestimmt den 25. September als weiteren möglichen Verhandlungstermin.