Im Spiegelsaal der Projektionen
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Auf Sichtbarkeit kam es an: Ex-Kronprinz Wilhelm von Preußen bei der feierlichen Einweihung des Langemarck-Denkmals in Naumburg am 6. September 1933. Bild: Huis Doorn
Frontbegradigung 1933: Stephan Malinowski erklärt mit der Krise des Charismas, dass die Hohenzollern sich mit den Nationalsozialisten gemein machten.
Wie stand Wilhelm von Preußen, der ehemalige deutsche Kronprinz, zum Regierungs- und Systemwechsel des Jahres 1933? Über diese Frage wird in Gerichtsgutachten und Zeitungsartikeln heftig gestritten. Dabei hatte sich der hohe Herr gnädigerweise zeitig herabgelassen, durch schriftliche Mitteilung „etwaige Zweifel in der Frage meiner Einstellung zur jetzigen innenpolitischen Lage zu beseitigen“. In einem auf den 17. März 1933 datierten Schreiben an die Verwalter seiner schlesischen Güter, dessen Abdruck in Stephan Malinowskis Buch über die Hohenzollern und die Nationalsozialisten fast eine ganze Seite füllt, heißt es, Wilhelm begrüße „den Zusammenschluß aller nationalen Kräfte, die sich in der schwarz-weiß-roten Front und der nationalsozialistischen Bewegung als Einheitsfront verkörpern“.
Von „allen in meinem Dienst stehenden Beamten, Angestellten und Arbeitern“ verlangte der Verfasser totalen Einsatz „im Sinne der nationalen Idee“. Diese Anweisung eines Großgrundbesitzers ist im Gestus einer Proklamation abgefasst, als spräche er zum ganzen Volk. Im Habitus einer fürstlichen Persönlichkeit war es dasselbe, eine Haltung auszudrücken und Gefolgschaft zu erwarten. „Ich wünsche, daß diese meine Auffassung zur allgemeinen Kenntnis gebracht wird, wobei zu bemerken ist, daß ich abweichendes Verhalten nicht dulden kann und werde.“ Ganz der Papa, wird man sagen, wenn man in der großen Biographie Wilhelms II. von John Röhl gelesen hat, wie der Kaiser und Ex-Kaiser aller Welt, auch Standesgenossen („Na warte, Wittelsbach“) und den eigenen Kindern, allerhöchste Intoleranz androhte.
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